Full text: Fünfzig Jahre aus Preußens und Deutschlands Geschichte.

Die Preußen in Baden. 63 
heils in Sachsen einmarschierten. Ein erbitterter Kampf wurde in den Straßen 
der sächsischen Hauptstadt vom 6. bis 9. Mai geführt. Preußische und sächsische 
Truppen befreiten die Bevölkerung von dem auf ihr lastenden Drucke, und 
Sachsens König, Friedrich August, der nach der Felsenfestung Königstein ge- 
flüchtet war, kehrte unter dem Schutze der Bajonette wieder in seine Resi- 
denz zurück. 
Die preußen in Gaden. Schon in den Tagen nach der Pariser Februar- 
revolution hatte sich der Bevölkerung Badens eine erregte Stimmung bemäch- 
tigt, die nichts Gutes erwarten ließ. Längst waren hier die politischen Gegensätze 
in großer Schärfe hervorgetreten, und wiederholt hatten republikanische Be- 
wegungen mit Waffengewalt unterdrückt werden müssen. Als dies gelungen, 
schien es eine Zeitlang, zumal es der freisinnigen Regierung nicht an gutem 
Willen gebrach, in eine neue Bahn einzulenken, daß der Einfluß der besonnenen 
Leute die jugendlichen Heißsporne von neuen Putschen zurückzuhalten vermöchte, 
wobei die alten Liberalen Bassermann, Welcker, Matthy u. a. die Regierung 
nach Kräften unterstützten. Die bethörte Menge wandte sich aber von diesen 
wohlmeinenden Männern ab und schalt die bewährten Vorkämpfer Verräter. 
Die Bürger der Städte, durch die schnell einander folgenden Ereignisse 
und politischen Aufregungen in einen gefährlichen Bewegungstaumel hinein- 
gerissen, bewiesen nur geringe Anhänglichkeit an die Regierung, und auch bei den 
Landbewohnern, die über ungerechten Steuerdruck klagten, zeigten sich republi- 
kanische Regungen. 
Statt das Volk zu belehren, nährten einige Zeitungen sowie Brand= und 
Flugschriften aller Art die Volksleidenschaften nur noch geflissentlicher; Leute, 
die nichts zu verlieren hatten, stachelten die bethörten Massen unausgesetzt auf. 
Verführer, nicht Führer, stellten dem Volke alles nur denkbare Heil nach Ein- 
führung der Republik in Aussicht und gewöhnten die große Menge an den 
Glauben, daß es nur entschlossener Thaten bedürfe, um bessere Zustände im 
Sinne der Mißvergnügten herbeizuführen, was zur Folge hatte, daß in der 
Bevölkerung die Neigung zu Putschen und Aufständen immer wieder hervor- 
trat. Aus dieser Haltung des Volkes erklärt es sich, daß ein anfänglich nur 
vereinzelter, von der Regierung nicht rechtzeitig mit rücksichtsloser Gewalt unter- 
drückter Soldatenkrawall in Rastatt durch Uberraschung einen allgemeinen 
Umsturz herbeiführen konnte. 
Wie bereits erzählt, hatte eine Lockerung der Disziplin in der badischen 
Armee stattgefunden. Niemand mochte aber die Ordnung in einem solchen 
Grade für gelöst halten, um an die Möglichkeit einer Zersetzung zu glauben, 
die in Wirklichkeit den ganzen Truppenkörper zur Auflösung brachte. Darin 
eben bestand die Überraschung. Infolge des in Rastatt gelungenen Putsches 
verbrüderten sich die Truppen auch an andern Orten mit den Volkswehren; 
bloß ein Teil des Militärs, voran das Offizierskorps, hielt an dem geleisteten 
Schwur der Treue fest. In Rastatt aber erreichte die Zuchtlosigkeit den höchsten 
Grad. Immerhin hätte sich durch rechtzeitiges entschlossenes Vorgehen der 
Regierung weiterem Unheil wohl vorbeugen lassen. Dem menschenfreundlichen 
Sinne des Landesherrn widerstrebte jedoch die Anwendung äußerster Strenge,
	        
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