74 Preußen gegen die Umsturzbewegung.
von Nachzüglern und Abenteurern aus allen Ländern, erfuhren jetzt gar viele
die traurigen Folgen der anfänglich auch von ihnen begünstigten Bewegung.
Nur vereinzelt hatten hier und da bis zur Verzweiflung getriebene Scharen
des Volksheeres sich den nachrückenden Truppen noch widersetzt; sie zerstreuten
sich immer mehr, als sie sahen, daß die Verfolger ihnen selbst bis in die finsteren
Schluchten des Schwarzwaldes auf den Fersen blieben.
Hunderte von Gefangenen füllten die Gefängnisse des Landes, Haufen
von ehemaligen badischen Soldaten und Mitglieder der Freikorps irrten bettelnd
umher, darunter manche edle schöne Gestalt, mancher hoffnungsvolle Jüngling
aus den besseren Ständen. Viel Sorge und Kummer hatten die Bethörten
über ihre Familien gebracht. Andre, mit dem Heckerhute auf dem Haupte,
blickten trotz aller Not unbesorgt um sich und summten übermütig angesichts
des ihrer harrenden Schicksals noch die Melodie des Heckerliedes. Gewiß haben
viele dieser Unglücklichen gar nicht recht gewußt, wofür sie gekämpft, und ebenso
waren ihrer nicht wenige keineswegs freiwillig in die Reihen des Volksheeres
eingetreten.
Kaum sechs Wochen hatten hingereicht, die bayrische Rheinpfalz, den
Odenwald und das Großherzogtum Baden den Händen der „roten" Republikaner
oder vielmehr der herrschenden Willkür und Gesetzlosigkeit zu entreißen. Während
dieses kurzen Feldzuges zeigte sich der geringe Wert zusammengelaufener Banden
und ungenügend organisierter Volkswehren gegenüber der Zucht und Zuverlässig-
keit eines wohldisziplinierten Heeres. Es kann nicht geleugnet werden, daß die
abgefallenen badischen Linientruppen, vornehmlich die Reiterei, tapfer kämpften;
dennoch hätten sich bei der üblen Wirtschaft und der mehr und mehr um sich
greifenden Unbotmäßigkeit unter den Freischaren der Volkswehr dauernde Er-
folge nicht erreichen lassen, selbst wenn ein fachmäßig gebildeter und tüchtigerer
Führer als Mieroslawski an der Spitze der Aufständischen gestanden hätte.
Strenge Kriegsurteile ergingen über die Revolutionshäupter, von denen
manche mit dem Tode, viele im Gefängnis oder in den Kasematten von Rastatt
ihre politischen Verirrungen büßen mußten. Zu den zum Tode Verurteilten
gehörten unter andern der vielbedauerte Maximilian Dortu aus Pots-
dam, dann A. von Trütschler aus Sachsen, Tiedemann aus Heidelberg, der
alte weißbärtige Nassauer Bönning u. s. w. Einige der Verurteilten waren
nach Amerika entkommen, darunter auch der Freischarenführer Hecker. Er
war, wie wir wissen, erst im Juli aus dem „Lande der Freiheit“ zurückgekehrt;
doch hatte sich ihm schon in Straßburg die Uberzeugung aufgedrängt, daß bereits
alles verloren und selbst sein Name nicht mehr im stande sei, das Volk zu
weiteren Opfern an Gut und Blut zu begeistern.
Der Prinz von Preußen hatte in Baden seine Aufgabe gelöst und konnte
am 19. Juli den zurückgekehrten Landesherrn nach seiner Residenz geleiten.
Großherzog Leopold, einer der wohlwollendsten Fürsten, die je auf einem
Throne gesessen haben, that sein möglichstes, um die unheilvollen Folgen des
Bürgerkrieges in seinem Lande zu mildern und so viele schmerzlich empfundene
Wunden zu heilen. In einer Ansprache an sein Volk erklärte er, mit reinem