Full text: Fünfzig Jahre aus Preußens und Deutschlands Geschichte.

  
Blick auf den Butlerhrieg in Osterreich und Ungarn, 
1848 bis 1850. 
Entzwei und gebiete! Tüchtig Wort! 
Verein' und leite! Besserer Hort! 
Goethe. 
Auch in Osterreich war durch den Überdruß an der unheilvoll langen 
Reaktionszeit unter Metternich das Verlangen nach freiheitlicher Bewegung 
immer allgemeiner geworden: „Preßfreiheit, Konstitution, Verfassungsrecht und 
Volksbewaffnung“ lautete das Programm der Volkspartei. Trotz aller Bevor- 
mundungskünste hatte das Metternichsche System nicht verhindern können, daß 
die sehnsüchtigen Wünsche nach verfassungsmäßigen Einrichtungen in allen 
Provinzen Osterreichs immer unverhohlener und dringender hervorgetreten waren. 
Es war eine eigentümliche Zeit, jene gegen Ende des fünften Jahrzehnts. 
Die revolutionäre Strömung, hervorgegangen aus der Nichterfüllung der ge- 
hegten Erwartungen und gegebenen Versprechungen, hatte seit den dreißiger 
Jahren im Grunde auch im alten Österreich niemals an die Herzen und 
Köpfe zu erregen. Angefacht durch die Freiheit atmenden Schriften des „jungen 
Osterreichs“, durchdrang unwiderstehliches Verlangen nach dem oft verkündeten 
herannahenden Völkerfrühling alle Teile des alternden Kaiserstaates. 
Das heitere Wien vor 1848. Wien war der Sammelpunkt der ganzen 
jungen Welt, die noch zu hoffen wagte und an eine Zukunft glaubte; hier strömte 
alles zusammen, was gewillt war zu leben und zu genießen. Und wahrlich, die 
reizende Kaiserstadt galt mit Recht für einen bevorzugten Ort fröhlichen, un- 
bekümmerten Genusses, lachend bei allen Lebensäußerungen eines leichtblütigen
	        
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