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Preußische Gesetzsammlung
— Nr. 28. —
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(Nr. 10987.) Gesetz über die Haftung des Staates und anderer Verbände für Amtspflicht-
verletzungen von Beamten bei Ausübung der öffentlichen Gewalt. Vom
1. August 1909.
Wir Wilhelm, von Gottes Gnaden König von Preußen 2c,
verordnen, mit Zustimmung der beiden Häuser des Landtags der Monarchie,
was folgt:
1.
Verletzt ein unmittelbarer Staatsbeamter in Ausübung der ihm anver-
trauten öffentlichen Gewalt vorsätzlich oder fahrlässig die ihm einem Dritten
gegenüber obliegende Amtspflicht, so trifft die im §& 839 des Bürgerlichen Gesetz-
buchs bestimmte Verantwortlichkeit an Stelle des Beamten den Staat.
Ist die Verantwortlichkeit des Beamten deshalb ausgeschlossen, weil er den
Schaden im Zustande der Bewußtlosigkeit oder in einem die freie Willens-
bestimmung ausschließenden Zustande krankhafter Störung der Geistestätigkeit
verursacht hat, so hat gleichwohl der Staat den Schaden zu ersetzen, wie wenn
dem Beamten Fahrlässigkeit zur Last fiele, jedoch nur insoweit, als die Billigkeit
die Schadloshaltung erfordert.
Die Verantwortlichkeit des Staates ist ausgeschlossen bei Beamten, die
ausschließlich auf den Bezug von Gebühren angewiesen sind, sowie bei solchen
Amtshandlungen anderer Beamten, für welche die Beamten eine besondere Ver-
gütung durch Gebühren von den Beteiligten zu beziehen haben.
2.
Wird der Staat auf Grund der Vorschrift des §& 1 Abs. 1 in Anspruch
genommen, so finden auf die Feststellung, ob der Beamte sich einer Uberschreitung
seiner Amtsbefugnisse oder der Unterlassung einer ihm obliegenden Amtshandlung
schuldig gemacht hat, die für den Fall der Verfolgung des Beamten geltenden
Vorschriften entsprechende Anwendung.
83.
Der Staat kann von dem Beamten Ersatz des Schadens verlangen, den
er durch die im 9 1 Abs. 1 bestimmte Verantwortlichkeit erleidet. Der Ersatz-
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Gesetzsammlung 1909. (Nr. 10987.)
Ausgegeben zu Berlin den 23. August 1909.