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Aber es gab noch viel ernstere Bedenken: ohne sich von
der Monarchie lossagen zu wollen, verkündigten doch die Con-
stitutionellen jener Zeit eine Reihe wirklich republikanischer
Lehren, und in den Verfassungen, welche man in dem ersten
Jahrzehnt nach Napoleon's Sturze für Musterbilder der con-
stitutionellen Staatsform hielt, waren in der That viele Sätze
und Anschauungen enthalten, welche das Wesen der Monarchie
beeinträchtigten und unter Beibehaltung der königlichen Würde
doch eine Art Republikanismus zu rechtlicher Geltung brachten.
Da fand sich einmal die Lehre von der Volkssouveränetät
und demgemäß nur die Einräumung der vollziehenden Ge-
walt an den König, und regelmäßig, um die Stellung des
Monarchen noch mehr ihres begriffsmäßigen Charakters zu
entkleiden, die Bestimmung, daß ihm die Einlegung des
Veto gegen ein von der Volksvertretung angenommenes Ge-
setz nur zweimal gestattet, dem zum dritten mal von den
Ständen gebilligten Gesetze gegenüber aber untersagt sein
solle. Ja nur mit genauer Noth hatte man die Anerken-
nung eines kaum verhüllten Revolutionsrechts in die
spanische Cortesverfassung verhindert. 1) Ebenso mußte es
als Verletzung einmal der Stellung des Monarchen an sich,
dann aber auch des bis dahin geltenden positiven Staatsrechts
der einzelnen Länder angesehen werden, wenn man die Ver-
fassungen, welche von einer gleichviel wie gearteten und ge-
1) Baumgarten, Geschichte Spaniens, I, 522, 529. Es wurde die
Aufnahme folgenden Satzes in die Verfassung beantragt: „Die Sou-
veränetät ruht wesentlich in der Nation und infolge dessen steht ihr aus-
schließlich das Recht zu, ihre Grundgesetze zu schaffen und die Regie-
rungsform anzunehmen, die ihr am besten paßt.“ Die letzten
Worte wurden als „überflüssig“ und „selbstverständlich““ mit geringer
Majorität gestrichen.