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Sollte die Königlich Preußische Regierung sich demnächst nach Fertigstellung
der Bahn zu einer Erweiterung der ursprünglichen Bahnanlagen durch Herstellung
von Anschlußgleisen, Stationen oder zu ähnlichen Einrichtungen entschließen und
insbesondere zur Anlage eines zweiten Gleises schreiten, so wird die Herzoglich
Sachsen-Coburg-Gothaische Regierung zwecks Erwerbung des zur Ausführung
dieser Anlagen erforderlichen Grund und Bodens, auf welche sich die Verpflichtung
im Artikel IV unter Nr. 1 des Vertrags nicht bezieht, für ihr Gebiet das Ent-
eignungsrecht erteilen, insoweit dasselbe nicht bereits nach den gesetzlichen Be-
stimmungen von selbst Anwendung sindet, und für die Ermittelung und Fest-
stellung der Entschädigungen keine ungünstigeren Bestimmungen in Anwendung
bringen lassen als diejenigen, welche bei Enteignungen in dem Herzogtume
Sachsen-Coburg jeweilig Geltung haben. Für die Verhandlungen, welche zur
Ubertragung des Eigentums oder zur Ulberlassung in die Benutzung an den
Preußischen Staat in den bezeichneten Fällen erforderlich sind, namentlich auch
für die Auflassung in den Grundbüchern, sind nur die Auslagen der Gerichte
zu erstatten und tritt im übrigen Freiheit von Stempel- und Gerichts-
gebühren ein.
Artikel VI.
Die Feststellung der Tarife sowie die Feststellung und Abänderung der
Fahrpläne erfolgt — unbeschadet der Zuständigkeit des Reichs — durch die
Königlich Preußische Regierung unter tunlichster Berücksichtigung der Wünsche
der Herzoglichen Regierung. Es sollen übrigens in den Tarifen für die Bahn
keine höheren Einheitssätze in Anwendung kommen als für die anschließenden
Strecken des preußischen Eisenbahngebiets.
Artikel VII.
Die Landeshoheit bleibt in Ansehung der in das Herzoglich Sachsen-
Coburgische Staatsgebiet fallenden Bahnstrecke der Herzoglichen Regierung vor-
behalten. Auch sollen die an dieser Strecke zu errichtenden Hoheitszeichen nur
die der Herzoglichen Regierung sein.
Der Herzoglichen Regierung bleibt vorbehalten, zur Handhabung des ihr
über diese Bahnstrecke zustehenden Hoheitsrechts einen ständigen Kommissar zu
bestellen, welcher die Beziehungen zur Königlich Preußischen Eisenbahnverwaltung
in allen denjenigen Fällen zu vertreten hat, welche nicht zum direkten gerichtlichen
und polizeilichen Einschreiten der Behörden geeignet sind. Für Akte der staat-
lichen Oberaufsicht und die Ausübung staatlicher Hoheitsrechte, soweit sie den
Gegenstand dieses Vertrags berühren, insbesondere für die landespolizeiliche Prüfung
und Abnahme von Eisenbahnstrecken und sonstigen Eisenbahnanlagen, wird Sachsen-
Coburg-Gotha Gebühren nicht erheben und Auslagen nicht in Rechnung stellen.
Die Handhabung der Bahnpolizei im Herzoglichen Staatsgebiet erfolgt
durch die Königlich Preußischen Eisenbahnbehörden und Beamten, welche auf
Vorschlag der Königlich Preußischen Betriebsverwaltung von den zuständigen
Herzoglichen Behörden in Pflicht zu nehmen sind. Die Handhabung der all-