Full text: Rechtslexikon. 1. Band: A-K (1)

Internationales Privatrecht. 
disches Recht (sowie welches ausländische 
Recht) diese Fragen entscheidet. Früher 
(und auch jetzt noch in der englisch-ame- 
rikanischen Theorie) bezeichnete man das 
internationale Recht als die Lehre von 
der Kollision der Rechtsnormen oder vom 
Konflikte der Staaten, seit Savigny nahm 
die deutsche Theorie dessen Bezeichnung 
auf, die das internationale Recht die Lehre 
von dem räumlichen Herrschaftsgebiete 
der Rechtsnormen nannte. Nachdem be- 
reits v. Savigny sog zwingende oder Pro- 
hibitivgesetze in die Terminologie des 
internationalen Privatrechtes eingeführt 
hatte, worunter er eine Reihe von Rechts- 
normen verstanden wissen wollte, welche 
absolut die Anwendung auswärtiger 
Rechtsnormen ausschließen sollten, folgte 
die italienische und insbesondere auch 
französische Theorie und Praxis seinen 
Spuren, indem sie die inländischen Ge- 
setze des ordre public (in letzter Zeit noch 
verwirrender als ordre public internatisy- 
nal bezeichnet) als unbedingt die Anwen- 
dung der ihr widersprechenden ausländi- 
schen Gesetze (die etwa Ausländer gegen 
das öffentliche Recht des Territoriums aus 
dem Rechte ihrer Nationalität ableiten 
könnten) verhindernd annahm. Daß die 
Formulierung des damit gewollten Grund- 
satzes (wie z. B. Einf-B 30 zeigt), Anwen- 
dung auswärtiger Rechtsnormen auszu- 
schließen, die nach dem einheimischen 
Rechte deshalb unbedingt unzulässig sind, 
weil sie sich gegen Grundpfeiler des 
Staatsgebäudes richten, deren Erschütte- 
rung auch den Staat erschüttern würde, 
nicht leicht ist, sei zugegeben. Nur auf 
die üblicher gewordene Benennung dieses 
notwendigen Vorbehaltes als ordre public 
international ist im gegenwärtigen Zu- 
sammenhange aufmerksam zu machen, 
um anzuzeigen, daß die italienisch-franzö- 
sische Theorie unter dieser internationalen 
Verwendung der Vorschriften der öffent- 
lichen Ordnung zunächst nicht das sog 
internationale Öffentliche Recht als sog 
äußeres Staatsrecht verstehen will. Je- 
denfalls ist das internationale Privatrecht 
stets scharf zu unterscheiden von dem sog 
Völkerrechte (das die Rechtsbeziehungen 
der Staaten untereinander regelt) und als 
solches auch zum internationalen Zivil- 
prozeßrechte abzugrenzen (siehe v. Bar 
Theprie und Praxis des internationalen 
Privatrechtes, 1889, 2.357). Die Vor- 
aussetzung eines besonderen internatin- 
  
  
819 
nalen Privatrechtes ist die gegenseitige 
Anerkennung der Autorität der einzelnen 
Staaten, eine bestimmt umgrenzte recht- 
liche Friedensordnung innerhalb der Gren- 
zen dieser Autorität aufrechtzuerhalten, 
sowie die Anerkennung der Rechtsfähig- 
keit der Ausländer auch für von der in- 
ländischen Rechtsordnung gewährleistete 
Rechte. Internationales Privatrecht kann 
sowohl auf völkerrechtlichen Vereinbarun- 
gen zwischen einzelnen Staaten beruhen 
als auch durch einseitige nationale Ge- 
setzgebung geregelt werden, da aber 
im letzteren Falle Reziprozität und Re- 
torsion leicht eine zu einseitige Regelung 
in einem Staate durch seine nationale Ge- 
setzgebung verhindern würden, ist gerade 
hierin die Rücksichtsnahme auf die natio- 
nalen Gesetzgebungen anderer Staaten 
begründet. Umfassendere Darstellungen 
des Privatrechtes wie solche des Völker- 
rechtes pflegen mitunter kurz auch das 
internationale Privatrecht zu berücksichti- 
gen, desgleichen die Darstellungen des 
Zivilprozesses das internationale ProzeßB- 
recht. Von umfangreicheren modernen 
systematischen Lehr- und Handbüchern 
des internationalen Privat- und Zivilpro- 
zeßrechtes sind zu verzeichnen: Story 
Commentaries on the conflict of laws, 
Boston 34 (u. ö.); v. Savigny System 
des heutigen römischen Rechtes 49, VIII; 
v. Bar Das internationale Privat- und 
Strafrecht, Hannover 62 (in 2. Aufl als: 
Theorie und Praxis des internationalen 
Privatrechtes 89, 2; in englischer Bearbei- 
tung von Gillespie, Edinburg 92); v. Bar 
Lehrbuch des internationalen Privat- und 
Strafrechts, Stuttgart 92; Zitelmann 
Internationales Privatrecht, 97—03, 2; 
Jettel Handbuch des internationalen 
Privat- und Strafrechts mit Rücksicht auf 
die Gesetzgebung Österreich-Ungarns, 93; 
Muheim Die Prinzipien des internatio- 
nalen Privatrechtes im Schweizer Privat- 
rechte, 87; Meili Die Kodifikation des 
internationalen Zivil- und Handelsrech- 
tes, 91; derselbe Geschichte und System 
des internationalen Privatrechts im 
Grundriß, 92; Das internationale Zivil- 
und Handelsrecht, 02, 2; Roguin Con-. 
flits des lois suisses en matitre inter- 
nationale et intercantonale, 91; Asser 
Schets varı het internationaal privaat- 
recht, 80 (deutsch bearbeitet von Cohn, 
80, französisch vervollständigt von Ri- 
vier als Elements de droit international 
52”
	        
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