138 Nr. 58. Reichsbeamtengesetz.
geschuldigten ein Theil des gesetzlichen Pensionsbetrages auf Lebenszeit oder auf ge-
wisse Jahre zu belassen sei.
8. 76. Welche der in den 88. 73 bis 75 bestimmten Strafen anzuwenden
sei, ist nach der größeren oder geringeren Erheblichkeit des Dienstvergehens mit be-
sonderer Rücksicht auf die gesammte Führung des Angeschuldigten zu ermessen.
8. 77. Im Laufe einer gerichtlichen Untersuchung darf gegen den An-
geschuldigten ein Disziplinarverfahren wegen der nämlichen Thatsachen nicht einge-
leitet werden.
Wenn im Laufe eines Disziplinarverfahrens wegen der nämlichen Thatsachen
eine gerichtliche Untersuchung gegen den Angeschuldigten eröffnet wird, so muß
das Disziplinarverfahren bis zur Beendigung des gerichtlichen Verfahrens aus-
gesetzt werden.
8. 78. Wenn von den gewöhnlichen Strafgerichten auf Freisprechung erkannt
ist, so findet wegen derjenigen Thatsachen, welche in der gerichtlichen Untersuchung
zur Erörterung gekommen sind, ein Disziplinarverfahren nur noch insofern statt,
als dieselben an sich und ohne ihre Beziehung zu dem gesetzlichen Thatbestande der
strafbaren Handlung, welche den Gegenstand der Untersuchung bildete, ein Dienst-
vergehen enthalten.
Ist in einer gerichtlichen Untersuchung eine Verurtheilung ergangen, welche den
Verlust des Amtes nicht zur Folge gehabt hat,„#1) so bleibt derjenigen Behörde, welche
über die Einleitung des Disziplinarverfahrens zu verfügen hat (§. 84 Abs. 1), die
Entscheidung darüber vorbehalten, ob außerdem ein Disziplinarverfahren einzuleiten
oder fortzusetzen sei.
8. 79. Spricht das Gesetz bei Dienstvergehen, welche Gegenstand eines Dis-
ziplinarverfahrens werden, die Verpflichtung zur Wiedererstattung oder zum Schadens-
ersatze oder eine sonstige civilrechtliche Verpflichtung aus, so gehört die Klage der
Betheiligten vor das Civilgericht. Die Befugniß der vorgesetzten Behörde, einen Be-
amten zur Erstattung eines widerrechtlich erhobenen oder vorenthaltenen Werthbe-
trages anzuhalten, wird hierdurch nicht ausgeschlossen.
Von dem Disziplinarverfahren.“)
8. 80. Jeder Dienstvorgesetzte ist zu Warnungen und Verweisen gegen die
ihm untergeordneten Reichsbeamten befugt.
8. 81. Geldstrafen können
1) von der obersten Reichsbehörde 3) gegen alle Reichsbeamte, und zwar bis
zum höchsten zulässigen Betrage (§. 74 Nr. 3),
2) von den derselben unmittelbar untergeordneten Behörden?) und Vorstehern
von Behörden bis zum Betrage von zehn Thalern,
3) von den den letzteren untergeordneten Behörden) und Vorstehern von Be-
hörden bis zum Betrage von drei Thalern
verhängt werden.
§. 82. Vor der Verhängung einer Ordnungsstrafe ist dem Beamten Gelegen-
heit zu geben, sich über die ihm zur Last gelegte Verletzung seiner amtlichen Pflichten
zu verantworten.
Die Verhängung der Ordnungsstrafen erfolgt unter Angabe der Gründe durch
schriftliche Verfügung oder zu Protokoll.
Ist eine Geldstrafe für den Fall der Nichterledigung einer speziellen dienstlichen
) Vgl. StGB. (unten Nr. 78) 88 31, 33, 35 Abs. 2, 81, 83, 84, 87—91, 94, 95, 128,
129, 319, 358; MStG# B. 88 43, 153.
2) Zu §8§ 80—83 s. VO. v. 9. Aug. 1896 (unten Nr. 134) Art. 8.
3) S. unten 8 159.