94 Fünftes Buch. Viertes Capitel.
Kaum aber waren diese Streitigkeiten verhallt, als man in Eng-
land zu den alten Vermählungsprojecten zurückkehrte. Sie waren jetzt
nicht mehr eine Sache allein des Hofes: wir vernehmen, die Nation
habe den Gedanken mit allgemeinem Beifall begrüßt. Für das Mi-
nisterium kam noch hinzu, daß es sich so eben in den Whigprincipien,
von denen es dann und wann abzuweichen geschienen, aufs neue be-
festigte. Einige der vornehmsten Mitglieder der Partei, wie der Herzog
von Newcastle, traten in die Verwaltung: Parteifragen wurden im
Parlament durch große Majorität im Sinne der eifrigen Whigs
entschieden. Damals waren die Whigs preußisch gesinnt 1). Wie oft
haben ihre Wortführer sich beklagt, daß man eine Macht ver-
nachlässige, die eben jetzt noch einmal so stark werde, als sie ge-
wesen, und die sich gern an England anschließen würde, wenn man
ihr nur die nöthige Rücksicht zeige; nicht ganz mit Unrecht, wie die
zustimmenden Anerkennungen darthun, welche Friedrich Wilhelm den
Berichten über diese Reden beischrieb. Die englischen Minister be-
schlossen, einen außerordentlichen Gesandten, Sir Charles Hotham,
der sich durch Jugend, Gestalt und Herkunft für einen Auftrag dieser
Art besonders zu eignen schien, deshalb nach Berlin zu schicken 2).
Ihre Absicht war auf eine langdauernde Familienverbindung und
daher auf die doppelte Vermählung gerichtet.
Und hatte es nicht auch für Preußen den größten Werth, mit
den mächtigen Nachbarn, zugleich dem Hofe, dem Ministerium und
der Nation, in immer genauere Verbindung zu treten? Wir wissen:
die dringendsten Wünsche der Königin von Preußen, des Kronprinzen
und der Prinzessin gingen dahin: auch die preußischen Minister waren
nicht dagegen. Nach nochmaliger Erwägung der Sache erklärten Knyp-
hausen und Borck mit einer gewissen Feierlichkeit, als verpflichtete
Diener der Krone könnten sie nicht anders urtheilen, als daß die „ge-
doppelte Vermählung in alle Wege zu wünschen sei“.
shonld take bis refuge to me. I am not willing to hare it made a con-
dition of tlhe marriage, that 1 shonld maintain him. (oe Slemoirs of
the lise of Robert Walpole. Vol. II, p. 531.
1) Robert Walpole 1730: To distress the emperor — — is the onl)
way of bringing him to reason. „Man glaubt“, schreibt der preußische
Gesandte schon im Januar 1729, „daß wenn man Ew. Königl. Mt. völlig
von dem Kaiser abziehen könnte, man alsdann gewonnenes Spiel haben,
und der Kaiser sich bequemen, Spanien sich auch alsdann besseren Kaufes
müsse geben.“
2) Am 22. März 1730 kündigte der regelmäßige Gesandte du Bourgai
die bevorstehende Ankunft Hothams an.