102 Fünftes Buch. Viertes Capitel.
militärischen Feste, einem Lustlager begab, das der König von Polen
bei Mühlberg veranstaltet hatte. Hier im Lager vernahm man, daß
dem englischen Hofe die vorgelegte Erwiederung zu weitaussehend
scheine; er wolle sich auf Bedingungen nicht einlassen, die den Ver-
mählungen so ganz ferne lägen. Der König antwortete, dann sei
in der Sache nichts weiter zu thun: doch müsse man nicht sagen, daß
er die Ehre einer solchen Verbindung abgelehnt habe; es heiße nicht
sie ablehnen, wenn man sie noch zu frühzeitig finde.
Auch sah man das in England trotz aller Ausstellungen in
diesem Lichle an; man rechnete fortwährend auf die Vollziehung der
Vermählungen. Unter andern haben wir einen Brief der Königin
von England an die Königin von Preußen vom 16. Juni, der ganz
von dem Gefühl der neu bevorstehenden Verwandtschaft erfüllt ist),
ohne Spur von Gereiztheit, voll zärtlicher Erinnerung an ihre Jugend-
jahre.
Was dazu beitrug, war ohne Zweifel auch die Haltung des
Kronprinzen. So geheim es bleiben mußte, so hatte Hotham doch
Mittel gefunden, mit ihm in Verbindung zu treten: ein flüchtiges
Wort, etwa bei einer Jagdpartie, genügte schon, sic zu unterhalten.
Friedrich hatte sich aber auch ganz ausdrücklich erklärt. Er batte
seinen Oheim auf das dringendste ersuchen lassen, die Vorschläge seines
Vaters nicht zu verwerfen, wie sie auch immer beschaffen sein möch-
ten: ja vielleicht gar keine Zusicherungen desselben zu fordern: nur
fürs erste die Ehe seiner Schwester abzuschließen, damit diese nicht
hanz unglücklich werde; es sei genug, daß er das Versprechen er-
neuere, das er schon gegeben habe, keine andere Gemahlin zu nehmen,
als die Prinzessin Amalie von England. Er werde wissen sein Wort
zu halten: man möge ihm nur Vertrauen schenken 2).
In England ging man nun zwar hierauf nicht so vollständig
ein, wie der Prinz gewünscht hätte, aber man hütete sich doch, die
Unterhandlungen abzubrechen. Sir Charles Hotham erklärte endlich,
Dinge dieser Art könne man besser mündlich verhandeln, als schrift-
1) J'ai mis, heißt es unter anderm, mes intérèts en vos mains ma
chere soeur, comme celle qui counait mon cocur pour son roi ct toute
sa samille roialle: je me souriens de nos jeunces ans quoiquc fort anciens
du roi de Prusse; nous nous sommes toujours aimés comme frere et
socur ct je vous prie ma cheèere Tetre mon garant que cela sera tou-
jours de mon Cé, et le bon cocur du roi de Prussc m’'est garant de
son Cöté.
2) Das Schreiben bei Raumer 513.