Full text: Leopold von Ranke's sämmtliche Werke. 27. und 28. Band. Zwölf Bücher Preußischer Geschichte. Fünftes bis neuntes Buch. (27)

Absichten für die Vermählung Friedrichs II. 105 
Doch wollte er auch von diesem nicht in Unfrieden scheiden. Er ließ 
ihn fragen, ob es ihm eine Genugthuung wäre, wenn er noch ein- 
mal zur königlichen Tafel gezogen würde. Aber Sir Charles machte 
ganz andere Ansprüche: der König sollte den Brief, den er damals 
auf die Erde geworfen, in einer andern Audienz entgegennehmen, und 
eine Untersuchung der Sache versprechen, womit er dann freilich voll- 
kommen Recht behalten haben würde. Da ihm dies nicht bewilligt 
ward, so zog er vor, den Hof ohne Abschied zu verlassen. Friedrich 
Wilhelm, hierüber aufs neue entrüstet, ließ dem König von England 
wissen, dieser Gesandte sei nicht geeignet, weder durch Sinnesweise, 
noch Betragen, das gute Vernehmen zwischen den beiden Höfen zu 
erhalten. 6 
Gewiß war Hotham nicht der Mann für Durchführung einer so 
schwierigen Angelegenheit. Gleich nach seiner Ernennung, noch in 
London, vertraute er sich Reichenbach an, und dieser meldete Grumbkoiw 
und Seckendorf, daß sie an ihm einen Feind haben würden. In 
Berlin ließ er sich bei weitem zu tief in die den König umgebenden 
Spannungen ein, glaubte mehr dem, was Andere von ihm sag- 
ten, als daß er dessen eigenen Sinn zu durchdringen gesucht hätte; 
indem er überhaupt mit einer stolzen Zuversichtlichkeit zu Werke ging, 
erweckte er die Vermuthung, als denke er selber hier zu Lande zu- 
gleich Gesandter und erster Minister zu werden, einmal einen Einfluß 
auszuüben, wie Seckendorf, nur von der entgegengesetzten Seite her. 
Wie wäre er aber fähig gewesen, sich mit diesem oder mit Grumbkow 
zu messen, die alle Untiefen dieses klippenvollen Golfes kannten. 
Es liegt am Tage, daß ein Vorfall, wie dieser, den Fortgang 
der Unterhandlung wieder gewaltig hemmen mußte; auch jetzt aber 
ward sie noch nicht abgebrochen. 
Dazu führte erst ein anderes mit diesen Dingen zusammenhän- 
gendes Ereigniß sehr persönlicher Natur, welches an und für sich, 
das ist in dem, was wirklich geschah, vielleicht nicht von so großer 
Bedeutung war, aber von der größten eben durch die Persönlich- 
keiten, die darin handeln, und die Rückwirkung, die es auf die- 
selben ausübte.
	        
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