Full text: Leopold von Ranke's sämmtliche Werke. 27. und 28. Band. Zwölf Bücher Preußischer Geschichte. Fünftes bis neuntes Buch. (27)

112 Fünftes Buch. Fünftes Tapitel. 
sondern erst um fünf Uhr wegzufahren, da man nicht mehr weit nach 
Mannheim babe. 
Da dachte nun der Prinz, es werde ihm leicht werden, während 
die übrigen noch im Schlafe seien, davonzukommen. Kait versprach 
ihm, um diese Stunde Pferde herbeizuschaffen und ihn zu begleiten. 
Der Morgen kam heran: Kait seinerseits ging wirklich nach den 
Pferden; in erster Frühe erhob sich der Prinz von seinem Lager, 
kleidete sich an, steckte sein Geld zu sich, nahm seinen rothen Reise- 
rock um und ging hinaus, um die Pferde zu erwarten. 
Indessen aber hatte der Kammerdiener, dem der Oberstlieutenant 
Rochow gesagt, er möge den Prinzen nur bei Nacht in Obacht neh- 
men, bei Tage wolle er schon selbst für ihn haften, diesem Meldung 
gemacht, und kaum war Friedrich vor der Thür, wo er sich an einen 
davorstehenden Wagen lehnte, so erschien auch Rochow, und bot ihm 
unbefangen guten Morgen. 
In diesem Augenblick kam Kait mit seinen Pferden herauf- 
gezogen. Rochow fragte ihn mit einiger Schärfe, wohin er mit den 
Gäulen wolle. Kait antwortete, es seien die Pferde, auf denen die 
Pagen reiten sollten, und damit war denn auch Rochow zufrieden. 
Daß der Prinz eben hier, in der Stunde, da man sonst ge- 
wöhnlich aufbrach, hatte entfliehen wollen, vermuthete noch immer 
Niemand. Schon kam auch Seckendorf aus des Königs Scheune, 
wohin Friedrich seine Schritte gewendet. Rochow fragte ihn scherzend 
und harmlos, wie ihm der Aufzug des Prinzen in seinem neuen 
Mantel gefalle. 
Endlich war Alles auf. Es hatte nichts auf sich, daß der 
Prinz ein wenig später nach Mannheim kam, als der König; dieser 
besah die Stadt mit ihm; sie gingen des andern Tags zusammen in 
die Kirche. Noch wußte Niemand als der Page Kait um das Vor- 
haben: der Prinz forderte denselben in Mannheim abermals auf, ihm 
Pferde zu verschaffen. 
Kait war aber unfähig diesen Zustand länger zu ertragen. Er 
gehörte mit nichten zu den eigentlichen Vertrauten des Prinzen, ward 
von diesem nur eben jetzt herbeigezogen: er fühlte sich in seinem 
Herzen beängstigt und unglücklich, daß er den König, dem er diente, 
täuschen sollte; endlich dort zu Mannheim in einer Bewegung von 
Gehorsam und Reue warf er sich demselben zu Füßen und bekannte 
ihm Alles. 
Hierauf, in einem der kurfürstlichen Vorzimmer zu Mannheim, 
rief der König den Oberstlieutenant an das Fenster und sagte ihm,
	        
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