124 Fünftes Buch. Fünstes Capitel.
und Polizei mittheilen zu dürfen; aus Büchern, sagte er — wie ganz
verschieden von seinem Sohn — lerne man nichts, durch unnütze
Lectüre sei der Prinz eben verdorben worden. Wir finden, daß
hierauf den Acten jenes alten Markgrafen auch in Berlin nach-
gefragt wird.
Man meinte den Köuig zu gewinnen, als man ihm nicht lange
nach dem Anfang ein Project über Verbesserung der Spinnwerke in
Preußen, das der Prinz verfaßt habe, einschickte. Der König wollte
einmal nicht glauben, daß es von ihm herrühre: überhaupt aber
sollte er sich nicht mit Verbesserungsentwürfen beschäftigen, sondern
Anschläge von Grund und Boden machen lernen, sich um die Vieh-
zucht bekümmern, denn er müsse erfahren, wie viel Mühe es einem
Bauern koste, so viel Groschen zusammenzubringen, als zu einem
Thaler gehören: um damit einst rathsam umzugehen. Im Mai brachte
Friedrich wirklich einen Arrendeanschlag nach einer aufgegebenen
Morgenzahl zu Stande, den man dem König schickte: Hille sagt, weder
er noch der Präsident könne einen besseren machen; der Prinz habe
es vortrefflich gelernt.
Und noch eine andere Sache kam in den ersten Monaten zu
Cüstrin vor, von zartestem Inhalt, die oben berührte religiöse Mei-
nungsverschiedenheit. Des Königs Geblüt wallte ihm auf, wenn er
bedachte, daß sein Sohn an der calvinistischen Lehre von der Prä-
destination festhalte, nach welcher dann, so verstand er sie, einige nichts
als Gutes, andere, zur Verdammniß bestimmt, nur Böses vollbringen
könnten; er fand das unbiblisch und seelenverderblich. Friedrich aber
war in den Beweisen für diese Ansicht sehr gut bewandert1); ich
denke, daß die theologischen Aufsätze von seiner Hand, die Katte nach
seiner Aussage bei ihm gesehen hat, diesen Punct betrafen, der ihm
der wichtigste war: er wußte, daß auch Luther anfangs eine ver-
wandte Meinung behauptet habe, und wollte sie nicht fahren lassen.
Unaufhörlich disputirte seine Umgebung mit ihm darüber. Zuerst
brachte man ihn zu der Erklärung, er halte die Lehre mehr für
philosophisch, als für theologisch, ohne Werth für das praktische
Christenthum; aber der König antwortete, das sei eine Ausflucht: er
müsse leider befürchten, daß sein Sohn nicht ehrlich zu Werke gehe.
Dann gab sich Hille, ein Mann von allgemeiner Bildung und nicht
1) Gegen den Prediger Müller benutzt der Prinz gleichnißartige Argu-
mente, z. B. von den Rädern in einer Uhr, die aber ineinander greifen
müssen: die Stelle 2 Petri 2, 1 war ien in dieser Beziehung noch neu.
Dagegen stützte sich Friedrich auf Römer 9