Aufenthalt Friedrichs in Cüstrin. 127
sagt Hille, wenn man darin nicht den Finger der Vorsehung er-
kennen wollte.
Der Prinz bekam hierauf die Erlaubniß, zuweilen Cüstrin zu
verlassen und die nächsten Aemter zu besuchen.
Er war jetzt dahin gebracht, daß er es als ein Glück empfand,
wieder freie Luft athmen zu können. Es gewährte ihm mehr Ver-
gnügen, durch das Feld dahin zu reiten, als der Jagd zu pflegen,
obwohl auch das letzte geschah, und dem Vater, der es gerne hörte,
ein ausführlicher Bericht darüber zugestellt ward.
Vorzüglich wurden die Aemter bereist: Quartschen, Carzig, Wollup.
Einen nicht geringen Eindruck machte es ihm, als er hörte, das letzte
habe früher nur 1600 Thaler eingetragen, und sei durch seines Vaters
Einrichtung bis auf einen Ertrag von 22,000 Thalern gebracht wor-
den. Er besah sich dann Gebäude, Vieh, Acker, das ganze Gebiet
und fand, daß es noch neuer Verbesserungen fähig sei, besonders
wenn man die Brüche austrockne, die keinem Menschen etwas nützen.
Eine so vollkommene Umgestaltung der Denkart, wie der Vater
sie beabsichtigte, war in dem Prinzen nun nicht hervorgebracht. Viel
zu energisch, und von Natur eigenthümlich geartet war dieser Geist,
als daß er sich jemals einem andern hätte unterwerfen können. Aber
die Cüstriner Schule, der Umgang mit Männern, die ihm zwar Scho-
nung und Rücksicht bewiesen, doch auch die Wahrheit sagten 1), brach
die bisherige Einseitigkeit seiner Richtung. Man bemerkte bald, daß
er Sinn nicht allein für Vergnügen und literarisch Geistreiches hatte,
sondern auch für den Ernst und die Arbeit. Er ergriff die camera-
listischen Studien mit einem Eifer, den man ihm nicht zugetraut
hätte, und nachdem er über die ersten Schwierigkeiten derselben hin-
weggekommen, fing er an die Ideen, die sie ihm darboten, auf seine
Weise zu combiniren, und der Verwaltung eine Theilnahme zu wid-
men, die aus Verständniß entspringt. Auch zum Soldatenstande zeigte
er jetzt eine freiwillige Neigung. Er sprach den Wunsch aus, eine
Compagnie in Cüstrin, eine andere in Frankfurt zu haben, um zugleich
dem Dienste leben und seine landwirthschaftlichen Beschäftigungen in
der dortigen Gegend fortsetzen zu können. Der König wollte es noch
nicht glauben, denn es überstieg seine Erwartungen, doch war es ohne
Zweifel sehr ernstlich gemeint.
Unter den Entwürfen, die unzweifelhaft von Friedrich stammen,
1) Hille rühmt sich dessen einst: nous avons assez de courage pour
dire les choses comme elles sont et sans flatterie.