132 Fünftes Buch. Fünftes Capitel.
äußersten Rand vollgeschrieben ist; sie sind mit beißenden Charakter=
schilderungen der Personen seiner Umgebung angefüllt. Der Humor
verräth überall tiefe Kränkung. Die Zuschriften, die der Kronprinz
bald in Versen, bald in Prosa an Frau von Wreech richtete, ent-
halten, so viel wir erfahren, eine fortlaufende Huldigung für die
Reize und Vorzüge der jungen Dame; meistens scherzhaft, zuweilen
auch leidenschaftlich. Auf eine kaum zweideutige Liebeserklärung ant-
wortete die Dame mit einem poetischen Scherz, in welchem sie zu er-
kennen giebt, daß die Antwort mit Vorwissen ihres Mannes, des
Obersten Wreech und ihrer Mutter abgefaßt sei#).
Welch ein schroffer Uebergang nun von der leidenschaftlichen
Huldigung für jugendliche Anmuth und Bildung zu der Aufforderung,
sich wider Willen zu vermählen.
In demselben Sinne wie der König schrieb damals Grumb-
kow an den Prinzen. Er schilderte die Prinzessin von Bevern, die
mit ihren Eltern eben damals nach Berlin kam, absichtlich minder
vortheilhaft, damit Friedrich sich angenehm überrascht fühlen möchte,
wenn er sie sehe; er ließ, auf Seckendorfs Wunsch, — denn eine
Unwahrheit erregte ihnen kein Bedenken, — sogar einfließen, der
kaiserliche Hof habe die Reise der Bevernschen Familie nicht gern
gesehen, um nicht in den Verdacht zu gerathen, als wolle er sich in
die Familienangelegenheiten des preußischen Hauses, namentlich des
Kronprinzen, mischen, dem man in der Wahl seiner Gemahlin viel-
mehr volle Freiheit lassen sollte.
Noch einmal gerieth Friedrich in die größten Wallungen des Ge-
müthes. Auf der einen Seite sah er den Vater, der es im Grunde
gut meinte, dessen Zorn zu erwecken entsetzlich war; wenn er sich
fügte, konnte er auf ein ungleich freieres und ruhigeres Leben rech-
nen; sogar eine Reise war ihm in Aussicht gestellt, und er bemerkte
kaum, an welche Bedingungen sie geknüpft ward. In einem Augen-
blick, wo er sich hievon durchdrungen fühlte, schrieb er dem Vater:
selbst wenn die Schilderung der Prinzessin, wie er sie mache, zu günstig
für sie wäre, so würde er sich doch in Allem seinem Willen fügen.
Sogleich darauf aber erhoben sich ihm entgegengesetzte Be-
trachtungen.
Sollte er sich für alle Zukunft an ein Verhältniß binden, das
1) Die Briese reichen vom August 1731 bis Februar 1732. Bgl. Sophie
Schwerin, ein Lebensbild von A. v. R. S. 35. Theodor Fontane, Wan-
derungen durch die Mark Brandenburg, II. Th., S. 44 und S. 512,