Full text: Leopold von Ranke's sämmtliche Werke. 27. und 28. Band. Zwölf Bücher Preußischer Geschichte. Fünftes bis neuntes Buch. (27)

138 Fünftes Buch. Fünftes Capitel. 
des Widerspruchs, den die drei katholischen Kurfürsten, Sachsen, Baiern 
und Pfalz erhoben, am Reichstage durchging, und die Garantie der 
pragmatischen Sanction am 3. Februar 1732 zu einer Reichssatzung 
erhoben wurde. In Wien erwiederte man das Verfahren des Königs 
und seines Gesandten mit erkenntlichem Bezeigen. 
Ein Denkmal dieses Verständnisses, Hervorbringung dieses poli- 
tischen Momentes ist die Ansiedelung der Salzburger in Ostpreußen. 
Der kaiserliche Hof war jetzt unparteiisch in religiösen Dingen; er 
mißbilligte die Gewaltsamkeiten des Erzbischofs Firmian gegen seine 
andersgläubigen Unterthanen, und gewährte den von diesen so gut 
wie vertriebenen Auswanderern den Durchzug, den ihnen andere noch 
versagten. Mit den Bitten der Salzburger, die zu Friedrich Wil- 
helm ihre Zuflucht nahmen, traf eine Eröffnung Seckendorfs von 
Wien zusammen, der ihn aufmerksam machte, daß diese frommen 
und arbeitsamen Menschen sich gut nach Preußen schicken würden 1). 
Hierauf ersuchte der König den Erzbischof, die Auswanderer als künf- 
tige preußische Unterthanen zu betrachten: es gereichte ihm zur Ehre 
bei Mit= und Nachwelt, mit welchem Eifer er alsdann für ihre 
Reise und ihre Ansiedelung in seinen preußisch-litthauischen Gebieten 
Sorge trug. « 
Einer der einflußreichsten Männer in Deutschland war damals 
dieser Graf von Seckendorf, der die Allianz, die er zwischen beiden 
Höfen zu Stande gebracht, nun nach allen Seiten erweiterte. Im 
Frühjahr 1732 finden wir ihn auf einer Reise nach Cassel und 
Kopenhagen, um auch diese Höfe in die Interessen herbeizuziehen, als 
deren Vertreter er sich aufstellte. Mit dem dänischen Hofe brachte er 
einen überaus wichtigen Vertrag zu Stande, nach welchem derselbe 
die österreichische Succession gewährleistete, der Kaiser dagegen, zugleich 
mit Rußland, die für den Herzog von Holstein dargebotene Schadlos- 
haltung annahm: in Cassel schloß er eine vorläufige Abkunft wegen 
der Ueberlassung hessischer Truppen ab; mit Wolfenbüttel ward ein 
Cartel entworfen, durch welches einige Irrungen mit Preußen aus- 
geglichen werden sollten. Seckendorf versichert, die Kaiserin habe ihren 
Vater, den Herzog, gebeten, dem preußischen Hofe gefällig zu 
sein, und dieser ihm überlassen, die noch streitigen Punkte zu ver- 
gleichen. Wie sollte der nicht einer der mächtigsten Männer in 
Deutschland sein, dem es gelang, ein gutes Verständniß zwischen 
1) Das Schreiben Seckendorfs ist vom 26. Dec. 1731. Der König hat 
die Sielle gleich beim Durchlesen mit einem Kreuz bezeichnet.
	        
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