Auflösung des Lehnsnerus. 153
Um zunächst den Zustand des gemeinen Mannes nur zu be-
rühren, welch eine ganz andere Bedeutung bekam die ländliche Be-
völkerung, die bisher allein dazu geboren zu sein schien, den Acker
zu bauen und untergeordnete Dienste zu leisten, durch ihre Theilnahme
an der kriegerischen Haltung des Staates und ihre Unentbehrlichkeit
dafür. Friedrich Wilhelm ließ die Cataster aus den Zeiten des größten
materiellen Wohlstandes im Lande, vor den Verwüstungen des dreißig-
jährigen Krieges, vom Jahre 1624, nachsehen, die Zahl der Hufen
und Bauerstellen verzeichnen, und forderte ihre ungesäumte Besetzung,
wenn nicht mit Vollbauern, doch mit Büdnern, Haus--, Dienst-, und
andern Gewehrleuten. Der Mensch bekam einen höhern Werth, sobald
er durch sein bloßes Dasein in unmittelbare Beziehung zur höchsten
Gewalt trat. Wie weit entfernt von persönlicher Unterthänigkeit ist
der militärische Gehorsam, dessen Vollziehung persönliche Tüchtig-
keit erfordert, und der im Bewußtsein der allgemeinen Regel ge-
gründet ist.
Etwas näher müssen wir das Verhältniß des Adels betrachten,
das sich in ganz Europa durch nichts so sehr, wie durch die Ein-
führung der stehenden Heere umgewandelt hat.
Der Unterschied ist, daß die ursprüngliche Vertheilung von
Grund und Boden auf den Waffendienst berechnet war, — wie
überall, so noch besonders hier in der alten Markgrafschaft —; nun-
mehr aber der persönliche Dienst sich nicht mehr an den Grundbesitz
oder das Lehen knüpfte, der allmählig aufgerichtete Staatshaushalt
vielmehr, zu dem das ganze Land beitrug, die Mittel herbeischaffte,
das allezeit schlagfertige Heer zu nähren und zu besolden.
Schon Friedrich I klagt, daß seine Lehnsherrlichkeit, so glänzend
sie sich ausnehme, ihm doch nicht den mindesten Vortheil bringe: die
Lehngüter seien von allen andern Lasten frei; die einzige, die ihnen
obliege, die Stellung der Lehnpferde, werde durch die Veränderung
des Kriegswesens unnütz gemacht. Man hat die Lehnspferde noch
1669, 1678, sogar 1701 zusammengefordert, allein mit geringem
Erfolg; die Verwandlung des Dienstes in Geld zeigte sich schwierig
und unergiebig; immer mit umfassenden Entwürfen beschäftigt, dachte
schon Friedrich I den Lehnsnexus gegen eine Geldzahlung aufzulösen.
Sein Plan ist von den geheimen Räthen erwogen, aber nicht aus-
führbar gefunden worden 1). Hauptsächlich rührte dies wohl daher,
1) In den Acten finden sich: 1) Gutachten der Convertirung der in den
königlichen Landen befindlichen Lehen in Erbgüter betrefsend; 2) Schreiben