Polnische Throncandidatur 1732, 1733. 185
Schon in dem ersten Drittheil des achtzehnten, eben unter
Friedrich Wilhelm J ward sie angebahnt; wie viel Umwälzungen aber
haben eintreten müssen, ehe sie im Conflicte ganz anderer Weltkräfte,
als der damaligen, nachhaltig zu Stande kam! Es ist sehr der Mühe
werth, zu betrachten, worauf sie sich zuerst gründete, und wodurch sie
in jenen Zeiten wieder unterbrochen wurde. Denn für alle Verhält-
nisse bindend, von unbedingter Geltung konnte sie nicht sein.
Die Verbindung zwischen Oesterreich und Preußen beruhte, wie
wir sahen, zugleich auf ihren besonderen Anliegen und den allgemeinen
deutschen Interessen. Jene waren: für Oesterreich die Erhaltung der
Monarchie in ihrem vollen Umfang, für Preußen eine Erwerbung,
Durchführung jener uralten Ansprüche auf die niederrheinische Erb-
schaft. Diese: Erhaltung eines guten Verständnisses zwischen beiden
Religionstheiken in Deutschland; Ausschließung jedes fremden Ein-
flusses, sowohl des französischen als des englischen, die bisher vor-
gewaltet hatten.
So gründete sich auch die Verbindung zwischen Oesterreich und
Rußland auf die wichtigsten allgemeinen Motive.
Sie lagen vor allem Andern in den gleichartigen Verhältnissen,
in denen sie beide zu dem osmanischen Reiche standen. Nicht als ob
aus denselben nicht einmal in Zukunft Irrungen hätten hervorgehen
können, wenn etwa die Osmanen dahin gebracht wurden, dem einen
größern Einfluß als dem andern zu gestatten: damals aber ließ sich
daran nicht denken, beide durften von dem Divan, besonders unter
der fortdauernden Einwirkung von Frankreich, nichts als noch immer
sehr gefährliche Feindseligkeiten erwarten. Der Sieger von Zenta er-
klärt, man habe nicht mehr die Kriegskunst der Osmanen zu fürchten,
aber wohl ihre Ueberzahl, und brauche gegen sie einen beständigen
Alliirten. Auch für Rußland wäre es eine empfindliche Entbehrung
gewesen, zum Widerstand gegen diesen Feind oder auch zum Angriff
auf ihn, nicht einen Verbündeten wie Oesterreich an seiner Seite zu
sehen. Es wußte, daß es eines mächtigen Oesterreichs bedürfe.
Daher kam es, daß Rußland sofort bereit war, die Erbfolge-
ordnung Carls VI anzuerkennen; im August 1726 schon haben die
beiden Mächte einen Vertrag geschlossen, einen der historisch wichtigsten.
im achtzehnten Jahrhundert, durch welchen sie einander ihre sämmt-
lichen Besitzungen in Europa gewährleisteten, und sich sogar zu ge-
meinschaftlichen Unternehmungen vereinigen zu wollen erklärten.
Der König von Preußen wurde eingeladen diesem Vertrage bei-
zutreten: aber seine Minister machten ihn aufmerksam, daß er dadurch