188 Sechstes Buch. Drittes Capitel.
aufrecht zu erhalten. Keinen Augenblick gab er auf, beim Abgange
Carls VI die Rechte geltend zu machen, welche durch die Gemahlin
seines Sohnes in seine Familie gekommen seien; aus dem Munde
Brühls wissen wir, daß er sich mit Frankreich über eine Theilung
der österreichischen Erblande in Unterhandlungen einließ 1). Wäre es
ihm gelungen, wie er sich bewilligen ließ, Böhmen sammt Mähren
und Schlesien mit dem reichen Sachsenlande zu verbinden, wie einst
die Lausitzen: dann emancipirt von der kaiserlichen Gewalt, welche
Rolle hätte er in Deutschland spielen können! Doch war August II
damit noch nicht zufrieden. Nachdem er lange darüber gesonnen und
geschwankt, wie er Polen beherrschen, seine Dynastie dort befestigen
könne, blieb er dabei stehen, daß er sich wenigstens in einem Theile
desselben souverän zu machen versuchen müsse. Um dies aber zu ver-
mögen, von den benachbarten Mächten keinen Widerstand zu erfahren,
vielmehr unterstützt zu werden, bot er denselben einige Provinzen des
Königreichs an. Rußland sollte Litthauen, Preußen das sogenannte
polnische Preußen erhalten, doch jenes ohne Wilna, dieses ohne
Danzig, die er sich selber vorbehielt; an Oesterreich wollte er die
Fipser Landschaft abtreten. Von den verschiedenen Theilungsvorschlägen
ist der erste, welcher ernstlich in Ueberlegung genommen ward, von
einem Könige von Polen selber ausgegangen. Im Spätjahr 1732
hat August Il dem preußischen Gesandten Marschall von Biber-
stein ganz unumwunden Anträge gemacht. Marschall fragte ihn?),
ob er schon einige Magnaten des Reiches dafür gewonnen habe, ob
er auf die Armee zählen könne; die Antworten des Königs lassen
erkennen, daß er dafür noch wenig gethan, aber er hielt es auch
nicht für nothwendig; denn mit den Polen werde man schon fertig
werden, wenn die Mächte nur einig seien. Marschall fragte, ob er
sich der Zustimmung auch des vierten seiner Nachbarn, des Großherrn,
versichert habe; der König antwortete mit einer der glänzenden Redens-
arten, die er liebte, „den Adlern, welche in die Sonne schauen, werde
1) Schreiben von Belleisle: 10. Mai 1741. — JFavais commencé par
demander, au comte de Bruhle, quel étoit le partage projecté par le
traite du M Monti; il m’'a dit due I’électeur de Saxe devoit avoir
ealors tonte la Bohème y compris la Silésie et la Morarie.
2) Die Instruction, durch welche er dazu ermächtigt wurde, bei Förster
II, 119, jedoch muß bei Nr. 5 statt que la Saxe pretend de Tempire
gelesen werden: que le roi de Pologne pretend de I’empereur. Unter den
Erklärungen Augusts ist noch die solgende: i#l y a deux chemins la douceur
et la force et il n’y a poim de risque.