192 Sechstes Buch. Drittes Capitel.
polnischen Thron besteigen sollte; doch liegt es nicht so hanz fern, wie
es scheint. Don Emanuel war durch seine Mutter ein Enkel jenes
Kurfürsten von der Pfalz, der einst, auch von Brandenburg unter-
stützt, mit ziemlicher Aussicht nach dem polnischen Throne gestrebt
hatte, er war Geschwisterkind mit dem Kaiser. Schon lange hatte
er Portugal verlassen. Man weiß nicht genau, ob dies wirklich
darum geschehen ist, wie damals gesagt wurde, weil er zum geistlichen
Stande genöthigt werden sollte: genug er verließ sein Vaterland nicht
mit Vorwissen seines Bruders, des Königs. Auch von Paris riß sich
der Infant von der Aufsicht, die dessen Gesandter über ihn ausüben
wollte, mit geschickter Entschlossenheit los, er sagte, er wolle bei der
kaiserlichen Armee „sein Handwerk lernen“. In dem Dienst der
Waffen hat er sich dann auch sehr hervorgethan; in der Schlacht bei
Peterwardein (1716) stürzte er sich mit einer Kühnheit in den Feind,
die ihm einen glänzenden Lobspruch des Prinzen Eugen verschaffte.
Seitdem hatte er die meisten Höfe von Europa besucht, sich eine mehr
europäische Bildung, bei Landsleuten und Fremden einen gewissen
Namen verschafft. Was ihn empfahl, war ohne Zweifel auch die
Erwartung, die man hegte, daß sein Bruder Johann V, der sich
durch große Werke der Pracht und des Nutzens in den Ruf aus-
nehmenden Reichthums gesetzt hatte, ihn unterstützen würde, um das
kostspielige Wahlgeschäft durchzuführen. Der Wiener Hof forderte
denselben in wiederholten Anschreiben dazu auf 1). Der Gegensatz,
in dem auch er sich gegen die Bourbonen fühlte, deren Uebermacht.
leicht auf Portugal zurückwirken konnte, schien ein hinreichendes
Motio, ihn dazu zu bewegen.
Ohne Mühe willigte der König von Preußen in diesen Vor-
schlag: er hatte keinen andern Zweck, als einen ruhigen nicht im
Widerspruch mit seinem jetzigen System stehenden Nachbar zu be-
kommen. Einen Augenblick zögerte Kaiserin Anna: — ein Aufent-
halt, den Don Emanuel in Petersburg gemacht, scheint ihm nicht
förderlich gewesen zu sein —; im Herbst 1732 erklärte sie sich aber
unzweifelhaft für ihn. Einer der Großen ihres Hofes, Graf Löwen-=
1) Vgl. Schreiben Eugens 23. Aug. 1716, Schriften IV, 99. Foscarini
Storia arcana. Madame d'Orleaus gedenkt seiner im Juli 1716. Oliveyra
hat ihm seine Memoires de Portugal gewidmet. In der Dedication rühmt
er ihn in den pompösesten Phrasen als „tout à la fois un grand prince,
un guerrier redoutable, un général habile, un soldat magnanime, un
sage politiquc, un Seigneur genereux, un chrétien vertuenz, un héros
Consommé.