Full text: Leopold von Ranke's sämmtliche Werke. 27. und 28. Band. Zwölf Bücher Preußischer Geschichte. Fünftes bis neuntes Buch. (27)

Polnische Throncandidatur 1732, 1733. 193 
wolde, erschien mit dieser Erklärung in Berlin und fügte ihr noch 
eine andere von nicht geringer Wichtigkeit für Preußen selbst hinzu. 
Schon öfter war die Rede davon gewesen, das Herzogthum Cur- 
land an einen preußischen Prinzen zu bringen, hauptsächlich auch 
darum, um der Absicht der Polen, dasselbe aufzulösen und in Woi- 
wodschaften zu vertheilen, eine andere Combination entgegenzustellen; 
schon Peter I hatte sich sehr geneigt dazu gezeigt; jetzt trug Kaiserin 
Anna bestimmter als je „aus Freundschaft und Hochachtung für das 
Haus Brandenburg“ demselben an, ihm bei der bevorstehenden Va- 
canz den Besitz dieses Landes zu verschaffen. 
Von Dingen, die sich einmal zerschlagen, liebte Friedrich Wil- 
helm an und für sich nicht wieder zu hören: er fürchtete, abermals 
zu scheitern, viele Kosten zu haben, nichts als Unannehmlichkeiten 
einzuernten; wie ihm aber jetzt der Antrag mit einer für sein Haus 
so schmeichelhaften Bestimmtheit geschah, so hielt er es fast für eine 
Pflicht gegen dasselbe, darauf einzugehen. 
Es war auf jenem Jagdhaus zu Wusterhausen, wo Löwenwolde 
und Seckendorf, ganz allein mit dem König, darüber unterhandelten; 
erst als die Punctation festgesetzt war, zog Friedrich Wilhelm seine 
Minister in das Geheimniß, und diese brachten nach einigen Be- 
rathungen am 13. December 1732 eine Uebereinkunft zu Stande, 
der man den Namen der löwenwoldischen gegeben hat. 
Der Hauptvertrag ward so eingerichtet, daß er, wenn es nöthig 
sei, auch anderweit mitgetheilt werden könnte. Er enthält haupt- 
sächlich, daß man in Polen die Wahlgerechtsame der Nation zwar 
aufrecht erhalten, aber dieselben nicht durch eine Faction zu Gunsten 
Frankreichs oder des Stanislaus Leszczynski mißbrauchen lassen wolle; 
ebenso werde man die Wahlfreiheit der curländischen Ritterschaft ach- 
ten, doch unter der Bedingung, daß sie nicht zum Nachtheil der drei 
Verbündeten angewandt werde. Bestimmungen von vorzüglicherem 
Inhalt waren in geheime Artikel verwiesen. Der eine sagt, daß man 
Alles, was mit dem freien Wahlrecht der Polen nur immer vereinbar 
sei, thun wolle, um den portugiesischen Infanten Don Emanuel auf 
den polnischen Thron zu bringen; eine Geldsumme wird namhaft ge- 
macht, die man zu dem Ende anwenden wolle; darum soll aber dem 
neuen König alsdann doch keine Verpflichtung auferlegt werden, die 
ihn bei seinen Unterthanen verhaßt machen könnte; man will ihm 
durch Vermählung eine Partei in dem Lande zu verschaffen suchen. 
Der zweite geheime Artikel bezieht sich auf Curland; die Kaiserin ver- 
spricht Alles, was nur immer mit der freien Whlgerechtige. der 
v. Ranke's Werke XXVII. XXVIII.
	        
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