Polnische Throncandidatur 1732, 1733. 195
Es war an sich von Bedeutung, daß diese unaufhörlich unruhige
Kraft verschwand, welche Osten und Westen zu bewegen, die verschie-
denen Systeme der Politik umzugestalten sich vermaß: damit trat nun
aber zugleich die große Thronerledigung ein, welche noch immer einen
Angelpunkt der europäischen Bewegungen gebildet hatte. Auch jetzt
mußte sie dazu werden.
Ohne alle Rücksicht auf den zu erwartenden Widerspruch nahm
Frankreich Partei für Stanislaus Leszczynski. Denn schon war es
dort wieder so weit gekommen, daß die traditionelle Politik im Nor-
den wie im Süden von Europa einen dominirenden Einfluß auszu-
üben wieder aufgenommen werden konnte. Ludwig XV, Schwieger-
sohn dieses Fürsten, sah es fast als eine Ehrensache an, daß derselbe
den Thron wieder besteige, von dem man ihn verjagt hatte, und
versah seinen Gesandten in Warschau mit den Mitteln, ihm Anhang
zu verschaffen. Denn dabei blieb es, daß man hauptsächlich mit Ge-
schenken um Stimmen warb; die Polen wollten es so; einen der
mächtigsten Magnaten hörte man sagen: mit Ehrenbezeigungen sei
nichts gethan; vor diesem habe man Geld gegeben, dabei müsse man
es jetzt und für die Zukunft lassen. Doch wäre es ein Irrthum, zu
glauben, daß nun eben Alles durch Geld ausgerichtet worden sei.
Stanislaus hatte Anhänger, die sich aus natürlicher Hinneigung oder
auch consequenten politischen Ansichten für ihn erklärten. Viele be-
haupteten, er habe nie aufgehört König zu sein, man brauche ihn
nur zurückzurufen.
Nun liegt am Tage, daß ein solches Vorhaben sowohl in Ruß-
land als in Oesterreich Mißfallen erregen mußte. Eben durch die
russischen Waffen war Stanislaus entfernt worden: ohne viele Um-
schweife ließ sich der leitende Minister in Petersburg, Graf Oster-
mann verlauten, Rußland werde eine erneuerte Wahl des Verjagten
als eine Kriegserklärung betrachten. Einen so directen politischen
Grund hatte man zu Wien nun wohl nicht sich dieser Rückkehr zu
widersetzen: aber man besorgte, daß unter Stanislaus der französische
Einfluß in Polen herrschend, und von dort aus, bei dem zu erwar-
tenden Kampfe über die Erbfolge, der Zukunft des österreichischen
der von jener Zusammenkunft aufgeregt und angegriffen nach Berlin zurlick-
gekommen, glaubte einst in der Nacht den König vor sich zu erblicken,
aufrechtstehend, im Nachtkleid, mit geschlossenen Augen. Lieber General
Grumbkow, sagte die Erscheinung, ich bin am 31. Januarii zu Warschau
gestorben. —
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