Full text: Leopold von Ranke's sämmtliche Werke. 27. und 28. Band. Zwölf Bücher Preußischer Geschichte. Fünftes bis neuntes Buch. (27)

Polnische Throncandidatur 1732, 1733. 201 
erhalten. Nun wisse man aber, daß der König von Frankreich die 
Ausschließung seines Schwiegervaters als eine Kriegserklärung an- 
sehen wolle; mit leichter Mühe werde er sich der westlichen preußischen 
Besitzungen, Cleves, Gelderns, Neuschatels bemächtigen; auch an den 
polnischen Grenzen, vielleicht selbst in Pommern, werde man feind- 
liche Anfälle auszuhalten haben. Und Alles das wozu? Um einen 
Fürsten auf den polnischen Thron zu setzen, der jedes billige Zu- 
geständniß verweigere, und um eine Allianz gründen zu helfen, von 
der man sich vielleicht einmal müsse Gesetze vorschreiben lassen, also 
zu dem eigenen Verderben. 
Da Seckendorf sich auf die Verpflichtungen bezog, die der König 
durch die früheren Tractate übernommen habe, und auf den Grund 
derselben die unverweilte Aufstellung einer Truppenschaar an den 
polnischen Grenzen forderte, so befahl der König seinen Ministern, 
— denn er wolle erfüllen, was er schuldig sei, aber nicht einen Schritt 
weiter gehen —, ihm darüber bei Eid und Pflicht die rechte Wahrheit 
zu sagen, nicht aus ihrer Erinnerung allein, sondern sich nach dem 
Archiv zu verfügen, und den Inhalt der ratificirten Tractate im 
Original nachzusehen. 
Recht förmlich ward dies in Ausführung gebracht; auch Grumb- 
kow ward nach dem Wunsche des Königs zu dieser Handlung herbei- 
gezogen. 
Man fand nur zwei ratificirte Tractate, welche in Betracht 
kommen konnten, den berliner von 1728, und die Erneuerung des 
russischen vom Jahre 1730. In dem einen und dem andern war 
von diesen Dingen nur ganz im Allgemeinen die Rede. 
Die Minister erklärten auf ihre theure Eidespflicht, daß in den- 
selben kein Wort stehe, wodurch der König gebunden sei, den Stanis- 
laus vom polnischen Throne abzuhalten. Wenn man später einmal 
diese Absicht zu theilen schien, so war das nur unter der Voraus- 
setzung der Ratification des löwenwoldischen Vertrags geschehen, zu 
der es aber nie gekommen war. Sie urtheilten, daß der König hierin 
völlig freie Hand habe; möge er in dieser Sache thun was er wolle, 
so sei der Kaiser doch verpflichtet, seine anderweiten Versprechungen 
— in Bezug auf Berg — auszuführen. 
Hierauf ward den beiden Kaiserhöfen zu erkennen gegeben, 
Preußen könne sich in ein so gefährliches Unternehmen nicht einlassen, 
wenn nicht erstlich Sachsen seine Postulate annehme, und man ihm 
zweitens Entschädigung für den in dem Kriege möglich werdenden 
Verlust zusage; nach der Ausdrucksweise der Zeit heißt es in einer
	        
Waiting...

Note to user

Dear user,

In response to current developments in the web technology used by the Goobi viewer, the software no longer supports your browser.

Please use one of the following browsers to display this page correctly.

Thank you.