Veränderte politische Haltung. 225
Uebel, das man aber eben darum ergreifen müsse. Er rieth zu der
engsten Vereinigung mit dem Hause Bourbon. Und da, wie man
auch in einer Conferenz zu Wien voraussetzte, diese Verbindung nicht
anders zu erlangen sei, als durch eine Vermählung der ältesten Erz-
herzogin mit dem ältesten Sohne der Königin von Spanien, so blieb er
bei diesem Vorschlage stehen. Er meinte, dann würden die Erbkönig-
reiche und = Lande, mit Einschluß der italienischen, für die Monarchie
gerettet werden: man würde anderen Feinden Widerstand leisten
können. Wir erwähnen der anderen Erörterungen nicht, in denen er
allerlei Möglichkeiten abwog. Genug, dies war sein Vorschlag 1). Er
entsprach den Eindrücken, welche die bourbonischen Feindseligkeiten
gegen Oesterreich sein ganzes Leben hindurch auf ihn gemacht hatten;
gegen ihre Uebermacht ohne die alten Verbündeten glaubte er den
Bestand der Monarchie nur durch die engste Verbindung mit dem-
selben retten zu können.
Dabei waltete jedoch ein Irrthum ob. So enge verbündet, so
ganz einverstanden, wie man voraussetzte, waren die Höfe von Spanien
und Frankreich doch nicht. Selbst in Spanien waren die Castilianer,
welche so oft von der Herstellung der alten spanischen Monarchie
geträumt hatten, nicht mehr so eifrig für die Wiedererwerbung der
italienischen Landschaften, als im Anfang der Regierung Philipps V
und selbst unter der Verwaltung Alberoni's. Sie mißbilligten, daß
die Streitkräfte des Reiches für die nachgeborenen Söhne der Kö-
nigin verwandt werden sollten. Diese Wendung der Dinge hat für
Europa eine große Bedeutung. Denn damit hängt die Gründung
eines dritten Hauses Bourbon in Italien zusammen, welche für Italien
wichtiger gewesen ist, als man wohl annimmt. Bisher unter der
Herrschaft entweder Spaniens oder, wie damals die Dinge standen,
Oesterreichs, der Höfe von Madrid oder von Wien konnte sich Italien
niemals entwickeln. Es war ein Vortheil für das Land; und, wie
wir sahen, von Anfang an beabsichtigt, durch eine von Oester-
reich unabhängige bourbonische Regierung ihm einen Moment der
1) Arneth theilt einen ausführlichen Auszug aus dem Schreiben Eugens
vom 6. Ang. 1735 mit: bei Bartenstein wird noch ein kürzerer vom 10. Aug.
erwähnt. Nach Bartenstein war der Vorschlag: „daß nachdeme das aller-
bedauerlichste Schicksal in denen bestände, Sich selbsten derer besessenen meh-
rigsten Erbkönigreichen und Landen beraubet zu sehen, Er um ein sölches zu
vermeiden, keine andere Möglichkeit sehete, als die Cron Spanien durch die
Vermählung der ältesten Erbtochter mit der Königinn von Spanien ältesten
Hru Sohn gänzlichen zu gewinnen“.
v. Ranke's Werke XXVI. XXVI 15