Friedrich Wilhelm J. 243
gewachsene Menschennatur wie der König; er hätte an demselben eher
Beispiel nehmen, als ihm ein solches geben können. Grumbkow besaß
nicht die geniale Ader und Erfindungsgabe des Fürsten, aber mehr
allgemeine Bildung und sehr brauchbare, erwünschte Talente; er galt
für den einzigen Menschen im Lande, dessen Einreden sich der König
gefallen lasse, und der zuweilen in dessen Meinungen eine Aenderung
hervorbringe, wie er es denn wirklich gewesen ist, der gegen Ende der
Regierung die ausschließende Geltung, in der die hallischen Theologen
standen, gebrochen hat; aber er nahm sich, wie man weiß, nicht übel, eine
Pension von Oesterreich zu ziehen, und um das Vertrauen, dessen er
doch niemals ganz sicher war, zu behaupten, versäumte er kein Mittel,
selbst nicht das ganz widerwärtige der Besoldung untergeordneter Haus-
genossen. Grumbkow war weit entfernt von der Weitschweifigkeit und
Habsucht seines ehemaligen Verbündeten Seckendorf, eher verschwen-
derisch, genußliebend, markig, gedrungen: von kaltem Blute, und doch
aufwallend, aber mit Bewußtsein: er ließ Andere das Uebergewicht
fühlen, das seine Stellung ihm gab. Er beurtheilt den König ohne
Nachsicht; zuiweilen drückt er sich so aus, als wäre er eines oder des
andern schwierigen Auftrags lieber überhoben gewesen: er vollzog ihn
dann doch mit ehrgeizigem Diensteifer. «
Auf Friedrich Wilhelm hatte wohl auch das Beispiel des großen
russischen Czaren Einfluß, dem er sich in der Umbildung seines Staates
mit wetteifernder Originalität anschloß. Sein Sinn war nur auf Ent-
wickelung der Macht und Vollziehung des Dienstes gerichtet, zu dem er
sich vor allem selbst verpflichtet hielt. Er lebte und webte in nichts an-
derem. Unaufhörlich schwebte ihm der Zustand seiner Kammern und
Regimenter vor; er will selber sehen, wie allenthalben das Korn steht,
der Bauer sich nährt, ob ein Bataillon seine Mannschaft, eine Schwa-
dron ihre Pferde verbessert hat, ob eine Kammer auch wirklich zur Aus-
führung bringt, was ihr zum Besten des gemeinen Mannes befohlen ist.
Die 76 Meilen von Berlin nach Königsberg legt er in vier Tagen zurück:
in offener viersitziger Kalesche, auf schlecht vorbereiteten Straßen. Bei
großen Musterungen hat seine Thätigkeit etwas Stürmisches: er erhob
sich schon um drei Uhr Morgens dazu: — und seine Erholung davon
trägt fast denselben Charakter. Bei dem Mittagsmahl, wo die Generale
erscheinen, werden die starken Weine nicht geschont, alter Rheinwein,
Ungar, Pontak; dann sucht man sich mit Trinkwasser und englischem
Bier wieder abzukühlen. Für die Nacht sehen sich Andere, denn oft
war es spät im Herbst, nach einem Kamin um; dem König ver-
schlägt es nicht, in einer Scheune zu übernachten, wo Alles vor
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