Full text: Leopold von Ranke's sämmtliche Werke. 27. und 28. Band. Zwölf Bücher Preußischer Geschichte. Fünftes bis neuntes Buch. (27)

Friedrich Wilhelm I. und die Politik von 1715 —22. 19 
Ereignisses zu gedenken, welches weniger an sich, als nur deshalb Er- 
wähnung verdient, weil es ein Symptom der allgemeinen Gährung 
ist, die damals Europa erfüllte und denn auch Brandenburg ergriff. 
Johann Michael von Klement, ein protestantischer Ungar, der in 
Halle und Frankfurt an der Oder studirt hatte, war dann im Dienste 
Rakoczy's noch sehr jung zu einer nicht unbedeutenden diplomatischen 
Thätigkeit gelangt; er vermittelte die Beziehung desselben zu den pro- 
testantischen Höfen, denen ihrer politischen Verbindung mit Oesterriich 
zum Trotz daran gelegen war, Siebenbürgen zu retten und die pro- 
testantischen Ungarn in ihren Schutz zu nehmen. Wir finden ihn in 
Berlin, im Haag, in England die Geschäfte seines Fürsten nicht ohne 
Erfolg führen. Alles aber endete unglücklich. Rakoczy war genöthigt, 
nach Paris zu flüchten. Klement hat ihn auch dahin begleitet. Dort 
aber, da der Fürst ihn nicht mehr nach seinem Bedürfniß zu besolden 
im Stande wax, von seinen Gläubigern gedrängt, hat er sich von 
demselben getrennt. In der Hoffnung, Amnestie zu erhalten, wenn 
er über die geheimen Verhältnisse Rakoczy's Mittheilungen mache, 
wandte sich Klement nach Wien und erhielt, da er dies ohne alle 
Rücksicht that, nicht allein Amnestie, sondern wurde auch von dem 
Prinzen Eugen in mancherlei geheimen Geschäften verwandt. Aber 
auch hier war seines Bleibens nicht. Prinz Eugen hat erklärt, er 
sei sehr geschickt; aber er gehe nicht auf den geraden Wegen ein- 
her. Von den Priestern verfolgt, wie er behauptet, wurde Klement 
inne, daß er hier sein Glück nicht machen werde; und wandte sich 
nach Dresden, wo er bei dem General-Feldmarschall Flemming, der 
in den mannichfaltigen und immer wechselnden Beziehungen der da- 
maligen Politik lebte und webte, gute Aufnahme fand, hauptsächlich, 
weil er eine genaue Kunde des Hofes, von dem er so eben kam, an 
den Tag legte. Weniger dahin, als nach Brandenburg richtete sich 
jedoch in dieser Zeit die Aufmerksamkeit des Feldmarschalls. Klement, 
der den brandenburgischen Hof von alter Zeit her kannte, schien Flem- 
ming geeignet, ihm daselbst im Verborgenen gute Dienste zu leisten. 
Denn auf allen Seiten ging man mit geheimen Plänen um, die bei 
der unsichern Lage der allgemeinen Angelegenheiten sehr gefährlich 
werden konnten, wenn sie jemals zur Reife kamen. Ein großes Object 
der Politik bildete es, davon in Zeiten unterrichtet zu werden, um 
entgegengesetzte Verbindungen einzugehen. Die Aufmerksamkeit des säch- 
sischen Hofes richtete sich vornehmlich auf den Vertrag, der, wie man 
sagte, zwischen Schweden, Nußland und Preußen abgeschlossen sei 
Klement, welchem Flemming die in der mecklenburgischen Sache gegen 
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