254 Siebentes Buch. Erstes Capitel.
eigenthümlich taktisch strategischen Verdienst hervortreten. Ein ganz
anderes Studium für einen künftigen Heerführer als die Nachrichten,
die das Theatrum Europäum darbieten konnte. Friedrich ergriff es
mit der größten Lebendigkeit: er fühlte sehr wohl den Unterschied,
der zwischen einer Darstellung aus Ramsatzs Feder, wie sie damals
über Turenne erschien, obschon er auch diese mit Vergnügen las, und
der die entscheidenden Momente mit scharfem Blick hervorhebenden, in
die Mitte der Handlungen versetzenden Erörterung von Feuquieres
bestand; das Buch hat eine nachhaltige Wirkung auf ihn ausgeübt.
Zu näherer Belehrung in einem der vornehmsten Zweige gab
sich der Fürst von Anhalt die Mühe, eine „ausführliche Beschreibung,
wie eine Stadt soll belagert werden“, zu verfassen, und mit großen
Plänen zu erläutern. Von manchen Lesern scheint Leopold gefürchtet
zu haben, daß die Form seiner Anweisungen ihre Mißbilligung er-
wecken werde 1): Friedrich meinte, daß es bisher noch nichts so Deut-
liches und Unterrichtendes gegeben habe, und versuchte sein eigenes
Urtheil daran.
Auch gestattete der Fürst, daß einer der geschicktesten Offiziere
seines Regiments, der ihm als Page gedient, und sein volles Ver-
trauen genoß, Heinrich August von Fouquet, wohl zwei Drittheile
des Jahres bei dem Prinzen auf dem Schloß Rheinsberg oder in
Ruppin zubrachte. Zwischen Friedrich und Fouquet bildete sich ein
inniges Verhältniß. Sie stifteten einen Orden auf den Namen des
Ritters ohne Furcht und Tadel, bei dem die Absicht wie auf eine
sittliche Führung nach diesem Muster, so zugleich auf Kriegsgeschichte,
Aufstellung militärischer Probleme und ihre Lösung gerichtet war2).
Einmal sind diese Studien auch durch den Anblick des Krieges
unterbrochen worden, im Feldzug von 1734, so weit dieser als eine
wirkliche Kriegshandlung angesehen werden kann. So sehr Friedrich
wünschte und auch erwartete, daß Eugen die Verschanzungen der
Franzosen ernstlich angreifen werde, so hatte er doch bei aller seiner
Jugend auch ein Verständniß für die Gründe, um deren willen das
nicht geschah. Er beobachtete Freund und Feind, — denn er suchte, wie
1) „Wozu sich kein anderer Stylus geschicket, als wie es nach altem
Kriegsgebrauch denen Oberstwachtmeisters in deren Schreibtafeln dictirt wird.“
Vgl. Hahnke, Friedrichs des Großen Briefe an seinen Vater S. 125. Der
König nahm auch Interesse: „Wenn ihr wieder hieher kommet habt ihr solche
(Plane) mitzubringen.“
2) Leider die einzige Nachricht hievon bei Bürtiner Mémoires de Fouqust
I, 262.