260 Siebentes Buch. Erstes Capitel.
Aus den Briefen an Suhm, welche zu den harmlosesten ge-
hören, die von Friedrich übrig sind, kann man sehen, mit welcher
naiven Lernbegierde er diese Hefte durchging, nicht ohne sie mit dem
deutschen Original zu vergleichen, zumal da ihm Suhm sagte, daß
die deutsche Sprache sich für die abstracten Erörterungen besser schicke,
als die französische;: mit welchem Eifer er sich ihren Inhalt an-
eignete.
5 Der Satz des Widerspruches und die Lehre vom zureichenden
Grunde, die in der leibnitz-wolfischen Philosophie eine so große Rolle
spielten, leuchteten ihm vollkommen ein; er wandte sie im täglichen
Leben an.
Den größten Eindruck aber machte ihm die Lehre Wolfs von
dem einfachen Dinge, das von Gott einmal geschaffen, nur durch
seinen Willen wieder vernichtet werden könne, und daher von der
Einfachheit und Unvergänglichkeit der menschlichen Seele. Er fand
die Folgerungen des Philosophen treffend und tief.
ie seine Freunde überhaupt an ihm lobten, daß er zwar seine
Meinungen standhaft vertheidige, so lange es sich irgend thun lasse;
wenn ihm aber die Stärke der entgegengesetzten Ansichten einleuchte,
diese auch mit ebenso viel Entschiedenheit annehme, so that er auch
diesmal; er gab wirklich seine negativen Meinungen auf und bildete
sich eine Mischung von Philosophie und Religion aus, in der seine
jugendliche Seele Beruhigung fand.
„Ich bin jetzt überzeugt“, schreibt er im April 1736 an Man-
teuffel, „von der Unsterblichkeit meiner Seele; ich glaube an Gott
und an den, welcher gesandt ward, die Welt zu erleuchten und zu
erlösen; ich werde tugendhaft sein, so viel ich kann, dem Schöpfer
die Anbetung widmen, die seine Creatur ihm schuldig ist, und die
Pflichten eines guten Bürgers gegen die Menschen meines Gleichen
erfüllen, nicht als könnte lich mir den Himmel mit meinen Werken
verdienen, sondern in der Ueberzeugung, daß Gott ein Wesen nicht
ewig unglücklich machen kann, das ihm dankbar ist, weil er ihm sein
Dasein gegeben“1).
Er dankt einmal Suhm, daß er ihm zum Bewußtsein seiner
1) 18. April. II me sufft, que je suis convaincu de l’immortalité
de mon ame quc je croie en dieu et à cclui, qu'il u enroyé pour
eclairer et sauver le monde, due je m'applique à me rendre vertucux
autant que je puis D’effectuer par mes forces, qdue je pratique les actes
Dadoration que la créature doit à son createur et les devoirs d'un bon
citoyen envers les hommes mes égaux.