Full text: Leopold von Ranke's sämmtliche Werke. 27. und 28. Band. Zwölf Bücher Preußischer Geschichte. Fünftes bis neuntes Buch. (27)

Spätere Jugendjahre Friedrichs II. 269 
Vielleicht hätte sich Friedrich, wenn er einmal schrieb, auch der 
Herausgabe seines Buches unterziehen sollen. Unmöglich kann sich 
ein Talent in einsamen Hervorbringungen ausbilden. Die Rücksicht 
auf das Publikum und dessen Theilnahme, der Widerstreit mit den 
herrschenden Meinungen und der Wetteifer mit den Zeitgenossen 
bringen erst das volle Talent an den Tag. Besonders ungeeignet 
war aber hier der Vermittler, an den der Prinz sich wandte. Voltaire 
richtete die Schrift für den Büchermarkt zu, nach dem herrschenden 
Geschmacke des Publikums. Will man den eigenthümlichen Gedanken 
Friedrichs verstehen, so muß man beinahe noch mehr das ins Auge 
fassen, was Voltaire wegließ, als was ihm stehen zu lassen beliebte. 
Glücklicherweise ist die ursprüngliche Abfassung, von Friedrichs 
Hand, bis auf eine kleine Lücke aufbehalten worden: in dieser Gestalt 
ist die Schrift sehr merkwürdig ). 
Es lag ganz außerhalb des Gesichtskreises eines deutschen Kron- 
prinzen, das Buch Macchiavells auf die Zustände von Italien zurück- 
zuführen. aus denen es entsprungen ist, auf jene besonderen Verhält- 
nisse einer usurpatorischen Macht in einer bisherigen Republik, für 
welche die Rathschläge verschlagener Gewaltsamkeit berechnet sind, die 
darin gegeben werden; Friedrich betrachtete die Schrift einfach als 
eine allgemeine Anweisung, durch welche ein verruchter Rathgeber 
junge Fürsten zu verführen suche. Es ist ihm in der Politik eben 
das, was Spinoza im Gebiet der Speculation: gleich verwerflich und 
denen, die darauf achten, ebenso gefährlich, ausführte. Das historisch 
Bedeutende ist gerade, daß die Schrift weniger Widerlegung enthält 
als Gegensatz. Der auf die Praxis der italienischen Usurpation ge- 
gründeten Lehre des Florentiners tritt die Anschauungsweise des Erb- 
fürstenthums entgegen; der Prinz spricht die ihm an seiner Stelle 
vorschwebenden Gedanken von dem Berufe des Fürstenthums aus. 
Engländer her und schrieb an Voltaire, er habe sie drucken lassen. Voltaire 
bemerkt: so schreibe doch kein Engländer; so viel Antheil nehme Keiner an den 
Angelegenheiten des Reiches; wenn sie in England gedruckt worden wöre, so würde 
er darin gleich den Prinzen erkannt haben. (Vgl. Duncker, Eine Flugschrift des 
Kronprinzen Friedrich, in der Zeitschr. für preuß. Gesch. VIII, 1, S. 23 ff.) 
1) Friedrichs II Autimachhiavell, herausgegeben von Friedländer 1834, 
zeigt das Verhältniß; die Sammlungen des K. G. K. Archivs enthalten das 
Meiste von dem, was da noch vermißt wird. Die neue Ausgabe der Werke 
wird das Original, so weit es sich zusammengefunden (es fehlt nur noch das 
zweite Capitel) mittheilen. So die erste Ausgabe dieses Buches. Die Mit- 
theilung erfolgte dann, bald nachdem dieselbe erschienen war, in den Oeuvres 
de Frédéric T. VIII, S. 61.
	        
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