Spätere Jugendjahre Friedrichs II. 271
sinnung auf; und er vermeidet nicht ihn zu berühren. Er fühlt als
ein Unglück eines Fürsten und bezeichnet es ausdrücklich so, nicht
gläubig zu sein wie seine Völker 2), aber er würde sich schämen Religion
zu heucheln, weil das Volk es wünscht; er denkt, das Volk werde
einen Fürsten, der nicht gläubig, aber ein ehrlicher Mann ist, zuletzt
mehr lieben, als einen Orthodoxen, der ihm Schaden zufügt. Denn
nicht durch Gedanken, sondern durch Handlungen mache man Menschen-
glücklich.
Und mit derselben Rücksicht auf seine besondere Lage faßte er
auch die militärische Seite ins Auge.
Aus Gründen, die in den eigenthümlichen Verhältnissen des
preußischen Staates beruhen, rechtfertigt er das Werbesystem, das in
einer Stelle Macchiavells verworfen wird. Darin aber stimmt er
demselben bei, daß ein Fürst seine Truppen selber ins Feld führen
und ihnen das Beispiel der Todesverachtung geben müsse. „Welcher
Ruhm“, sagt Friedrich, „erwartet ihn nicht, wenn er sein Land von
einem Einfall der Feinde befreit, oder auch, wenn er Rechte durch-
führt, die ihm Andere usurpatorischer Weise vorenthalten.“ Gleich
als wenn ein geheimes Vorgefühl ihm sagte, daß dies sein Fall
sein werde, bleibt er bei demselben mit besonderem Nachdruck stehen.
Einen Krieg, der zur Behauptung verkannter Rechte geführt werde,
erklärt er für ebenso gerecht, wie einen Vertheidigungskrieg. Denn
Tribunale für Könige gebe es nun einmal nicht; deren Streitigkeiten
seien nur durch die Waffen zu entscheiden: Souveräne plaidiren die
Waffen in der Hand, bis der Gegner gezwungen sei, der Gerechtig-
keit ihrer Sache freien Lauf zu lassen. — Die Widerlegung ver-
wandelt sich ihm, indem er schreibt, in Reflexionen über die eigene
Zukunft.
Zeitgenossen und Spätere haben geschildert, wie man sich in
Rheinsberg das Leben angenehm zu machen wußte;: kleine Schauspiele
wurden aufgeführt, viel Musik getrieben; ein jeder bot auf, was nur
irgend an gesellschaftlichen Talenten in ihm war. Friedrich war ganz
in der Stimmung, diese ruhigen Augenblicke zu genießen: die da-
malige Kronprinzessin hat derselben in späteren Zeiten mit Sehnsucht
gedacht. Allein wir sehen wohl, daß es nicht blos ein dilettantisches
Behagen an den Hervorbringungen der Literatur und Kunst war,
1) c. 18. II ne luy suffit Das (a Macchiavel) qu'iun prince ait le
malheur, d’etre incrédule, i#l veut encore couronner son incrédulité de
hypocrisie.