290 Siebentes Buch. Zweites Capitel.
des Jahrhunderts, und den selbständigen Geist des Fürsten, der beide
combinirt, um die eine zu fördern und den andern Raum zu machen.
Noch manches ward damals vorbereitet, worauf wir später kom-
men wollen. Hier gedenken wir noch des Persönlichsten, der Einrich-
tung des Hofhaltes, wobei Friedrich auch von den Beschränkungen,
die sein Vater der Familie aufgelegt hatte, abzuweichen für gut hielt.
Friedrich II erweiterte zunächst den Wohnsitz seiner Mutter in
Montbijou und richtete ihren Haushalt glänzender ein. Es war nicht
eine leere Formel, wenn er sie bat, ihn nicht mit dem Titel Majestät,
vielmehr wie bisher als ihren Sohn anzureden, welche Bezeichnung
ihm lieber sei als jede andere, sondern ein echtes Gefühl von Dank-
barkeit und Verehrung. Er wünschte alle kleinen Unbequemlichkeiten
zu heben, die ihr bisher beschwerlich gefallen waren.
Mit der Königin, seiner Gemahlin, stand er in dem eigenthüm-
lichsten Verhältniß. Er empfand fortwährend, daß ihm bei der Ver-
mählung einst Zwang angethan worden, und diesen sein ganzes Leben
über zu tragen war er nicht gesonnen: man erwartete in der Hauptstadt
nichts anders als eine Scheidung. Elisabeth Christine hatte aber, in
einer auch für sie so schwierigen Lage, so viel weibliche Haltung, so
schöne moralische Eigenschaften gezeigt, daß der König eine solche
Härte niemals auszuüben vermocht hätte. Er richtete ihr einen ehren-
vollen und für die Verhältnisse von Berlin glänzenden Hofhalt ein½),
und setzte sie in Stand, die große Gesellschaft bei sich zu sehen: er
selbst aber erschien dabei nicht einmal im Anfang; er hat sich von
Andern sagen lassen, wie sie sich dabei ausnehme. Ueberhaupt sah
er sie sehr wenig, geschweige daß er sein tägliches Leben mit ihr ge-
theilt hätte: das war nun ihr beiderseitiges Geschick.
Friedrich setzte, jedoch ohne sie, zunächst in Charlottenburg das
Leben fort, das er in Rheinsberg führte. Auch einige Freunde aus
den früheren Lebensstufen erschienen daselbst, Duhan de Jandun und
jener Kait, der bei der Katastrophe des Jahres 1730 von Wesel ent-
kommen war, doch paßten sie nicht mehr zu der Gesellschaft und
Stimmung des Fürsten. Duhan war von dem Ernst der Religion
ergriffen worden, und man sah ihm an, daß er in den strengen
1) Sie bekam vier Hosdamen, mit höherem Gehalt und der Anrede
Madame, und vier Hoffräulein, mit geringerem Gehalt und der Anrede
Mademeiselle (wenigstens unter den ersten wollte er keine Ausländerin haben),
eine Oberhofmeisterin und einen Oberhofmeister, einen Hofmarschall und
Kammerher, zwölf Pagen und was sonst dazu gehört.