296 Siebentes Buch. Zweites Capitel.
fragen hätte führen können, die Richtung jener Epoche ging über-
haupt nicht dahin. Ganz andere Ereignisse, die großen Geschicke von
1812 gehörten dazu, um einem preußischen Landtage einmal wieder
Leben zu geben. Die damaligen Stände erklärten sich bereit zur
Huldigung, auch ohne daß man mit ihnen über eine Versicherung
ihrer Freiheiten übereingekommen war. Der allgemeine Geist der
Zeiten war nun einmal den Formen der Monarchie günstig. Doch
auch das gehörte dazu, daß man von der andern Seite das Princip
derselben so rein wie möglich festhielt. Friedrich lehnte das Donativ
ab, das die Stände nach altem Brauch in gewissen Terminen, die
sie angaben, zu zahlen sich erboten. Weder Forderung und Bewilli=
gung, noch auch freiwilliges Donativ war hier anwendbar, wo nur
das unbedingte Bedürfniß des gesammten Staates, und die Leistungs-
fähigkeit der Provinz die Norm gaben, und Gesichtspunkte herrschten,
jenseit jenes privatrechtlichen Standpunktes.
Die Burggrafen von Dohna, welche nicht persönlich, sondern nur
schriftlich zu huldigen das Recht zu haben behaupteten, standen doch
davon ab, als der König ihnen vorstellte, daß es ihnen nur Haß
erwecken könne, vor so vielen andern ruhmvollen Geschlechtern etwas
voraus haben zu wollen.
So geschah die Huldigung am 20. Juli. Der König erklärte,
die Willfährigkeit der Preußen, sie ohne Assecuration zu leisten, solle
ihnen nicht zum Nachtheil gereichen. Man gedachte dabei wie schon
1701 deren, denen nach dem Vertrage von Welau ein Heimfalls-
recht zustehe, nur im Allgemeinen. Miteinander verfielen die Erin-
nerungen an die alte Hoheit von Polen und die ständischen Vorrechte,
wie sie miteinander sich ausgebildet hatten. Auf den Huldigungs-
münzen nannte sich der König zum ersten Male: König von Preußen,
Rex Borussorum. Auf die Herrschaft über Alle, die den Namen
Preußen führten, nicht allein auf den Besitz dieses Landes war sein
Königthum und seine Stellung in der Welt gegründet.
Bei der Huldigung der Mark Brandenburg traten verwandte
Tendenzen, aber noch schwächer, nicht als Forderungen eines Land-
tags, sondern nur als Wünsche der einzelnen Stände hervor. Der
Adel beschwerte sich über das Uebergewicht des Militärs und die
Accise, welche zuletzt immer seine Bauern treffe; er verwahrte sich
gegen die Lehensfähigkeit der Bürgerlichen. Der Bürgermeister von
Berlin rief dagegen den König zum Schutz der städtischen bisher so
bedrängten Gerechtsame auf. Wenn man jedoch darunter Dinge be-
griff, wie z. B. die Rathenower, welche den Anspruch machten, zu