Full text: Leopold von Ranke's sämmtliche Werke. 27. und 28. Band. Zwölf Bücher Preußischer Geschichte. Fünftes bis neuntes Buch. (27)

Friedrich Wilhelm I. und die Politik von 1715—22. 25 
Wiener Hofes mehr eine gute Gelegenheit, zu seinem politischen 
Zwecke zu kommen. Das war am 20. December 1718. Aber indeß 
hatte sich die Lage in Berlin verändert. 
Man hatte jetzt Ernst mit der Untersuchung gemacht. Als Kle- 
ment in Ketten geschlagen und mit den äußersten Mitteln, ein Ge- 
ständniß hervorzurufen, bedroht wurde: fing er an, von seinen an- 
züglichsten Behauptungen, die er mit der größten Zuversicht vorge- 
tragen, zurückzuweichen. Nach und nach wurde der König überzeugt, 
daß er von Klement betrogen worden, daß an alledem, was dieser 
ihm mitgetheilt, kein wahres Wort sei. Die Verhafteten, die in 
Spandau beisammen waren, wurden hierauf wieder entlassen; man 
suchte das ihnen geschehene Unrecht möglichst gut zu machen. Die 
Hauptschwierigkeit bot die Entrüstung der beiden Höfe dar, die man 
doch in der That beleidigt hatte. Der König säumte nicht, denselben 
begütigende Schreiben zugehen zu lassen; er bestand nur darauf, daß 
er durch die Wahrscheinlichkeit der ihm gemachten Mittheilungen, so 
zu verfahren, wie er gethan habe, veranlaßt worden sei. 
Der Schriftwechsel endigte damit, daß die beiden Residenten, der 
österreichische, sowie der sächsische, welche anfangs als Mitschuldige 
betrachtet worden waren, jetzt als Commissarien zur Untersuchung mit 
herbeigezogen wurden. Zur Vollständigkeit derselben gehörte es, daß 
auch Lehmann, der, zur rechten Zeit von Klement gewarnt, nach 
Dresden geflüchtet war, ausgeliefert wurde, um mit demselben con- 
frontirt zu werden. Als ihn Klement ansichtig wurde, bot er ihm 
die Hand und bat ihn um Verzeihung. Um den König, der noch 
zuweilen seine alte Vorliebe für Klement durchblicken ließ, voll- 
kommen davon zu heilen, ließ ihm Flemming jene Schilderung des 
Berliner Hofes, die derselbe nach seinem ersten Gespräch mit dem König 
abgefaßt hatte, im Original zugehen. Der König faßte jetzt die Mei- 
nung, die Absicht der Hauptschuldigen, Klement, Lehmann und Bube, 
sei gewesen, daß er vom Kaiser von Land und Leuten vertrieben 
werden solle. Der Proceß nahm seinen regelmäßigen Verlauf. 
Hauptsächlich eben deswegen ward Klement verurtheilt, weil er 
sich an dem Kaiser und dem König von Polen vergangen und zugleich 
verrätherische Anschläge gegen den König von Preußen geführt habe. 
Bube war in dem Gefängniß wahrscheinlich durch Selbstmord um- 
gekommen; Klement und Lehmann wurden hingerichtet. 
Aber ehe dies geschah, hatte und zwar nicht ohne einen gewissen 
Einfluß dieser Vorfälle eine andere Richtung in den allgemeinen An- 
gelegenheiten Platz gegriffen. Die mecklenburgische Streitigkeit, welche
	        
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