Auswärtige Geschäfte in den ersten Monaten. 309
Es gab sogar einen großen politischen Grundsatz, über den man
sich einverstanden zeigte. Der König Friedrich traute den österreichischen
Ministern so viel Geist zu, um einzusehen, daß keine Allianz ihrem
Herrn nothwendiger sei, als die preußische; er trug seinem Gesandten
auf, das Verbindlichste, was er zu finden wisse, über die Wünschens-
würdigkeit eines gegenseitigen guten Verständnisses zu sagen. Die
kaiserlichen Minister bekannten, unter allen Mitteln, den kaiserlichen
Hof in seinem früheren Glanz wiederherzustellen, das vornehmste,
bestehe wohl in Freundschaft und Allianz mit dem König von
Preußen #).
Kam man aber näher auf die laufenden Geschäfte zu reden“
so zeigte sich mannichfaltiges Mißverständniß.
Der Wiener Hof erschwerte dem König die Werbung in den
Reichsstädten; dieser bestand darauf, daß er als Kurfürst ein Recht
dazu habe, und forderte die Aufhebung der hie und da dagegen er-
lassenen Verbote. Noch hatte Preußen alte, einst auf die Zölle an
der Maas angewiesene Geldansprüche an Holland und den Kaiser:
Friedrich beklägte sich, daß die eine dieser Mächte ihn immer an die
andere verweise; die Summe, die er zu fordern habe, wachse an wie
ein Schneeball; in starken Ausdrücken forderte er eine Erledigung
dieser Sache.
Aber der Probirstein für die Möglichkeit eines besseren Einver-
ständnisses lag in der großen Frage über die Erbschaft von Verg
und Jülich, und der König verlor keine Zeit sie anzuregen; er ließ
anfragen, was er für die Behauptung seiner gerechten Ansprüche
vom Kaiser erwarten könne. Die Antwort, die er erhielt, bestand in
ausweichenden, nichtsbedeutenden Formeln, und bald war Friedrich
ebenso sehr überzeugt, wie sein Vater es gewesen, daß er in Güte
nie etwas erreichen werde. Einen Grund davon sah er in der Ver-
bindung des Kaisers mit Frankreich, welches in dieser Sache den
Ton angab, den anderen in der alten politischen Eifersucht. Er war
der Mann nicht, um sich einzubilden, als werde Oesterreich aus Liebe
zu ihm für das Emporkommen seines Haufes mehr thun, als unter
seinen Vorfahren 2).
1) Friedrich an Borcke 12. Juli: Vous ne manquerez pas de cultiver
au dernier possible les bonnes intentions, on ces deux ministres (nach
Borcke's Bericht Bartenstein und Sinzendorf) se trouvent envers moi: la
succession de Juliers et de Bergue sera la pierre de * on je
pourrai connaltre la sincerité de leurs sentimens envers m
2) 22. Ang.: que la maison d’Autriche dut avoir ange de principe