Full text: Leopold von Ranke's sämmtliche Werke. 27. und 28. Band. Zwölf Bücher Preußischer Geschichte. Fünftes bis neuntes Buch. (27)

Auswärtige Geschäfte in den ersten Monaten. 309 
Es gab sogar einen großen politischen Grundsatz, über den man 
sich einverstanden zeigte. Der König Friedrich traute den österreichischen 
Ministern so viel Geist zu, um einzusehen, daß keine Allianz ihrem 
Herrn nothwendiger sei, als die preußische; er trug seinem Gesandten 
auf, das Verbindlichste, was er zu finden wisse, über die Wünschens- 
würdigkeit eines gegenseitigen guten Verständnisses zu sagen. Die 
kaiserlichen Minister bekannten, unter allen Mitteln, den kaiserlichen 
Hof in seinem früheren Glanz wiederherzustellen, das vornehmste, 
bestehe wohl in Freundschaft und Allianz mit dem König von 
Preußen #). 
Kam man aber näher auf die laufenden Geschäfte zu reden“ 
so zeigte sich mannichfaltiges Mißverständniß. 
Der Wiener Hof erschwerte dem König die Werbung in den 
Reichsstädten; dieser bestand darauf, daß er als Kurfürst ein Recht 
dazu habe, und forderte die Aufhebung der hie und da dagegen er- 
lassenen Verbote. Noch hatte Preußen alte, einst auf die Zölle an 
der Maas angewiesene Geldansprüche an Holland und den Kaiser: 
Friedrich beklägte sich, daß die eine dieser Mächte ihn immer an die 
andere verweise; die Summe, die er zu fordern habe, wachse an wie 
ein Schneeball; in starken Ausdrücken forderte er eine Erledigung 
dieser Sache. 
Aber der Probirstein für die Möglichkeit eines besseren Einver- 
ständnisses lag in der großen Frage über die Erbschaft von Verg 
und Jülich, und der König verlor keine Zeit sie anzuregen; er ließ 
anfragen, was er für die Behauptung seiner gerechten Ansprüche 
vom Kaiser erwarten könne. Die Antwort, die er erhielt, bestand in 
ausweichenden, nichtsbedeutenden Formeln, und bald war Friedrich 
ebenso sehr überzeugt, wie sein Vater es gewesen, daß er in Güte 
nie etwas erreichen werde. Einen Grund davon sah er in der Ver- 
bindung des Kaisers mit Frankreich, welches in dieser Sache den 
Ton angab, den anderen in der alten politischen Eifersucht. Er war 
der Mann nicht, um sich einzubilden, als werde Oesterreich aus Liebe 
zu ihm für das Emporkommen seines Haufes mehr thun, als unter 
seinen Vorfahren 2). 
1) Friedrich an Borcke 12. Juli: Vous ne manquerez pas de cultiver 
au dernier possible les bonnes intentions, on ces deux ministres (nach 
Borcke's Bericht Bartenstein und Sinzendorf) se trouvent envers moi: la 
succession de Juliers et de Bergue sera la pierre de * on je 
pourrai connaltre la sincerité de leurs sentimens envers m 
2) 22. Ang.: que la maison d’Autriche dut avoir ange de principe
	        
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