Ursprung der Unternehmung auf Schlesien. 321
Jagdbelästigungen eben in eine große Aufregung gerathen war, er-
wartete den Kurfürsten von Baiern, um dieser ganzen Regierung ein
Ende zu machen und eine neue Dynastie zu gründen.
Dieser nahm die Miene eines unzweifelhaften Erben an. Er
ließ dem verstorbenen Kaiser Exequien halten, als „einen Genossen
im Reiche“; den Landmarschall von Niederösterreich forderte er auf,
keine Huldigung vorzunehmen, welche den Rechten des baierischen
Hauses entgegenlaufe.
Noch eine andere Gefahr gab es aber für die Tochter des Kai-
sers, an die man nicht dachte, die nicht aus dem Anspruch, das
Haus Oesterreich zu beerben, hervorging, sich aber als die dringendste
von allen ausweisen sollte; sie lag in dem gespannten und seit einigen
Jahren halb feindseligen Verhältniß zu Preußen.
Niemand wird behaupten, daß eine Macht an einen Vertrag
gebunden bleibe, wenn die andere, mit der sie denselben eingegangen
ist, aus welchem Anlaß auch immer, davon abvweicht.
König Friedrich Wilhelm hatte einst die pragmatische Sanction
gewährleistet, und von allen Fürsten wohl das Meiste dazu bei-
getragen, sie durchzuführen; aber nicht ohne Gegenforderung hatte er
dies gethan, sondern sich, wie wir wissen, das Herzogthum Berg, und
zwar nach den Formen des Reiches, zuerst den provisionellen Besitz
desselben gewährleisten lassen; die Bescheidenheit seiner Bedingung,
einer so großen Verpflichtung gegenüber, schien ihm die Erfüllung
derselben um so mehr zu sichern. Man konnte sich in Wien über die
Rückwirkung, die es haben werde, wenn man ihn nicht befriedige,
eigentlich nicht täuschen. Gleich im Beginn der Unterhandlung, noch
im October 1726, hat General Seckendorf seinen Hof aufmerksam
gemacht, daß, wenn er die Sache zum Ziele führe, später aber ein-
mal den preußischen Bedingungen in Bezug auf Berg nicht Genüge
geschehe, alsdann die jetzige Freundschaft sich in unauslöschlichen Haß
verwandeln werde. Nun aber war dennoch eben dies geschehen. Auf
die Motive, die man etwa haben mochte, kommt es nicht an; denn
von einem gegebenen Worte weicht ohnehin Niemand ohne Beweg-
gründe ab; genug, daß Oesterreich jenen Tractat nicht mehr für ver-
bindlich erachtete, und eben über den provisionellen Besitz anders
verfügte, als es einst versprochen hatte. Sofort stellten sich auch die
Folgen ein, die Seckendorf vorhergesehen. In der gesammten Corre-
spondenz Friedrich Wilhelms mit seinem Sohne findet sich ein einziger
Brief von politischem Inhalt; er bezieht sich auf diese Angelegenheit.
Er sehe nun, sagt der König, wie das Haus Oesterreich fu geleistete
v. Ranke's Werle XXVII. XXVIII.