Full text: Leopold von Ranke's sämmtliche Werke. 27. und 28. Band. Zwölf Bücher Preußischer Geschichte. Fünftes bis neuntes Buch. (27)

322 Siebentes Buch. Viertes Capitel. 
Dienste danke; es würde nichts helfen, sich für dasselbe aufzuopfern: 
„so lange man uns braucht, so lange schmeichelt man uns; wenn 
man glaubt, uns nicht mehr nöthig zu haben, so weiß man von 
keiner Erkenntlichkeit“; er ermahnt seinen Sohn, sich einst in ähn- 
lichen Fällen besser zu hüten. Auf diesen machte es einen um so 
tieferen Eindruck, da er selber immer Mißtrauen gehegt hatte, und 
von seinem Vater, der so eifrig anderer Ueberzeugung gewesen war, 
jetzt in der seinen bestärkt wurde. Von Haß und persönlicher Rach- 
sucht ist nicht die Rede, aber den Ehrgeiz hatten der Vater und der 
Sohn im höchsten Grade, und mußten ihn haben, sich nicht vernach- 
lässigen und mißachten zu lassen. Da die bisherige Freundschaft auf- 
hörte, so gab es wenigstens kein Hinderniß mehr, die alten Ansprüche 
zur Sprache zu bringen, welche Brandenburg von jeher an Oester- 
reich erhoben hatte. Es waren Ansprüche von ganz anderer Be- 
deutung, als jene bergischen; auf einen nicht geringen Theil von 
Schlesien. 
Wir kennen sie schon im Allgemeinen, müssen ihrer aber hier 
noch einmal gedenken. 
Einst hatte ein Markgraf von Brandenburg aus der kurfürst- 
lichen Linie, von den böhmischen Königen habsburgischer Herkunft 
nach einigem Bedenken doch in aller Form als Herzog von Jägern- 
dorf anerkannt, in Schlesien eine nicht unbedeutende Rolle gespielt, 
Sitz und Stimme am schlesischen Fürstentag besessen; im Jahre 1611 
unter den vier Fürsten des Landes den Eid von König Matthias 
empfangen, und ihm hinwiederum, auf der königlichen Burg zu 
Breslau, die Huldigung geleistet. Da er sich in den Unruhen, die 
bald darauf ausbrachen, an den von den Ständen zum König be- 
rufenen pfälzischen Friedrich hielt, so war er auch in dessen Unglück 
verwickelt worden. Damit war aber noch nicht verschuldet, daß die 
gesammte Kurlinie des Hauses Brandenburg, der, wie wir sahen, 
das Erbrecht auf das Land zugefallen, desselben entsetzt wurde. 
Wenn dies in den Stürmen des Krieges dennoch geschehen ist, so 
hat doch Oesterreich, schon im Jahre 1636, und oftmals nachher an- 
erkannt, daß es, — denn die schon geschehene Verleihung könne nicht 
zurückgenommen werden —, dem Hause Brandenburg eine Entschädi- 
gung schuldig sei. Eine solche aber wollte sich dies nicht durch eine 
Geldzahlung ablösen lassen. Es hatte Land und Leute, gesetzlichen 
Einfluß auf eine benachbarte Provinz eingebüßt, was durch keine 
Geldsumme vergütet werden konnte; es hatte überhaupt in seiner 
Autorität und Stellung in der Welt verloren.
	        
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