Full text: Leopold von Ranke's sämmtliche Werke. 27. und 28. Band. Zwölf Bücher Preußischer Geschichte. Fünftes bis neuntes Buch. (27)

324 Siebentes Buch. Viertes Capitel. 
Dieser Entscheidung der Waffen hatte sich aber Brandenburg 
noch immer nicht definitiv unterworfen. 
Wir sahen oben, zu welcher Auskunft in einem großen politischen 
Momente, nicht im Einverständniß mit seinen noch bei weitem mehr 
verlangenden Ministern, Kurfürst Friedrich Wilhelm die Hand bot: 
wie aber die Annahme derselben von Seiten Oesterreichs nur eine 
scheinbare war, die damals bewilligte Enkschädigung wieder heraus- 
gegeben werden mußte, und damit alle alten Anrechte wieder auf- 
lebten, die ganze Streitfrage wieder eine schwebende wurde. 
Seitdem hatte man ihrer nur wenig gedacht, aber sie doch auch 
niemals vergessen. 
Als Cardinal Schönborn im Jahre 1713, gleich nach dem Re- 
gierungsantritt Friedrich Wilhelms I in Berlin erschien, um über die 
Sendung von Hülfstruppen zu unterhandeln, und zu vernehmen gab, 
wenn der König mehr thue, als wozu er verpflichtet sei, werde sich 
der kaiserliche Hof zu einer billigen Entschädigung bereit finden lassen, 
kam Ilgen mit einer Frage hervor, ob diese in Land und Leuten 
bestehen solle: am Hofe hielt man sich überzeugt, daß er auf eine 
Wiedererwerbung wenigstens von Schwiebus denke, und die Gesandten 
suchten sich über diese Fragen zu unterrichten 1). 
Auch sehen wir aus einem Schreiben des Prinzen Eugen vom 
Jahre 1719, daß der Wiener Hof, sei es in Folge mündlicher oder 
schriftlicher Aeußerungen, voraussetzte, man denke in Preußen beim 
Abgange des österreichischen Mannsstammes die alten Ansprüche wieder 
zu erneuern. 
Und wenigstens Ilgen versäumte keine Gelegenheit, dem König 
Friedrich Wilhelm dieselben im Gedächtniß zu halten. Zuweilen geschah 
es ausführlich und mit Entrüstung: in Zeiten, wo man mit dem 
Wiener Hofe schlecht stand und seine Beschwerden gegen ihn zusammen- 
faßte; zuweilen sehr zufällig, wenn der König und sein Minister etwa 
am Kaminfeuer miteinander stehend, die Zukunft des Hauses be- 
sprachen. In einer Eingabe von 1725 erwähnt Ilgen eines solchen 
Gespräches. Der Sinn weder des Ministers noch des Fürsten wäre 
aber dahin gegangen, dem Hause Oesterreich Schlesien mit Gewalt 
abzudringen, was sie für unmöglich hielten. Leichter und angemessener 
schien es ihnen durch Dienste, die man leiste, wenn über die Eröff- 
1) L’histoire sccrète dit, que celuici (llgen) doit avoir insinu au- 
roi de Prussc, du'il falloit tücher à cctte occasion rattraper le pais 
Schwiebus duc Mr. Dankelmann selon Mr. IIgen avoit aliéné par des 
vues particulières. (Lettre de Manteuffel 19. Avril 1713 im Dresdn. A.)
	        
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