334 Siebentes Buch. Viertes Capitel.
gang der Rüstung erfüllten ihn alle Tage mit größerem Muth und
Vertrauen. Sollte aber etwas geschehen, so war kein Augenblick zu
verlieren. Friedrich hielt für nothwendig, noch vor dem völligen Ein-
tritt des Winters Schlesien zu besetzen; wolle er ohnedies in Unter-
handlung treten, so werde man ihm beschwerliche Bedingungen auf-
legen, um ihm unbedeutende Dinge zu bewilligen.
Wir arbeiten hier sehr ernstlich, schreibt er am 15. November.
Ich will die kühnste, unerwartetste, größte Unternehmung beginnen,
welche je ein Fürst meines Hauses gewagt hat. Der Zustand meiner
Truppen läßt einen glücklichen Erfolg hoffen, mein Herz ist erfüllt
von guten Vorahnungen. 4 "
Und dabei blieb es nun, daß man die Linie der Politik ein-
hielt, die von den Ministern vorgezogen worden war.
Den Franzosen geschah keinerlei Mittheilung: weder nach Paris,
noch den in Berlin anwesenden.
Der zur Gegenbegrüßung Friedrichs herbeigeschickte außerordent-
liche Gesandte, Marquis de Beauvau, betroffen, daß er nicht nach
Rheinsberg eingeladen wurde, erschöpfte sich in Vermuthungen über
den eigentlichen Zweck der Rüstungen, die Jedermann wahrnahm, traf
zuweilen das Richtige, aber ohne es festzuhalten, und faßte zuletzt
die Ansicht, daß der König eher als ein Gegner von Frankreich zu
betrachten sei, und dies Land zu schwächen wünsche. So sah auch
der regelmäßige Gesandte Valori die Sache an. Er meinte fast,
zwischen dem Großherzog von Toskana und dem König von Preußen
bestehe ein freimaurerisches Einverständniß, denn Beide seien Mit-
glieder dieses Ordens. Eben war Voltaire, der dem König schon in
Wesel einen Besuch gemacht hatte, in Berlin angekommen. Er zeigte
sich als einen jener lediglich literarischen Menschen, welche die Welt
hauptsächlich als einen Gegenstand für ihr Talent ansehen; seine
funkensprühende Conversation ward bewundert; man weinte, wo er
eine seiner Tragödien vorlas; er selber faßte nicht die mindeste Theil-
nahme. Schon in Wesel zeigte sich dies. König Friedrich empfing
ihn in einem Anfall des Quartanfiebers, an dem er damals litt;
Voltaire hat über die ärmliche Umgebung, in welcher er ihn fand,
gespottet. Seine Anwesenheit in Berlin schien er hauptsächlich dazu
benutzen zu wollen, um das ehemalige Verhältniß zwischen Preußen
und dem französischen Hofe wieder anzuknüpfen. Einen Brief des
Cardinals, den er erhielt, voll gesuchter Schmeicheleien für den König,
legte er diesem auf der Stelle vor. Aber das ganze preußische Wesen.
erschien in seinen Augen doch kümmerlich. Er erfand für Friedrich