Fünftes Eapitel.
Besitzergreifung von Schlesien.
Wollte man den Unterschied der angegriffenen Macht von der
angreifenden ganz im Allgemeinen bezeichnen, so dürfte man sagen,
daß in dieser die Einheit der monarchischen Gewalt den Gegensatz
der provinzialen Interessen überwunden hatte, in jener aber noch im
Kampfe mit denselben begriffen war. Die österreichische Staatsgewalt
machte nicht eben geringe Anforderungen, die Leistungen, die sie ge-
bot, erfüllten meistens das Maß des Erreichbaren; da sie an dem
Begriffe einer herrschenden Religion festhielt, so fühlte man die Ge-
sinnung des Hofes bis in die tiefsten Kreise; aber dabei besaßen
doch die verschiedenen Landschaften eine ständische Organisation von
anerkanntem Ansehen, ihren abgesonderten Haushalt, der auch die
von dem Staate auferlegten Lasten umfaßte, und standen als mäch-
tige Körperschaften in unaufhörlichem Widerstreit sowohl untereinander,
als mit dem kaiserlichen Hofe.
Besonders war dies in Schlesien der Fall.
Als im Sommer des Jahres 1740 einige Regimenter von Un-
garn in neue Standquartiere verlegt wurden, mußten sie an den
schlesischen Grenzen förmlich Quarantäne halten: der Conventus
publicus, d. i. der mit einem großen Theile der Landesverwaltung
beauftragte ständische Ausschuß, der in Breslau seinen Sitz hatte,
schickte, ehe er sie einrücken ließ, erst eine medizinisch-chirurgische Com-
mission ab, um ihren Gesundheitszustand zu prüfen; mit demselben
wurde dann über die Dislocation, den Marsch, die Verpflegung der
Truppen ein weitläufiger Schriftwechsel gepflogen. Die Provinz klagte
über nichts mehr, als über das Hin= und Wiederführen der Mann-
schaft in ihren Grenzen, die „unbeschreiblichen Excesse“, die sich die