Full text: Leopold von Ranke's sämmtliche Werke. 27. und 28. Band. Zwölf Bücher Preußischer Geschichte. Fünftes bis neuntes Buch. (27)

348 Siebentes Buch. Fünftes Capitel. 
willen kamen doch, wie berührt, Stände und Städte in Schlesien in 
der Negel dem nach, womit es der Regierung Ernst war. Der da- 
malige Rath von Breslau hatte es noch besonders zu seinem, Grund- 
satz gemacht, allen Hader mit der Regierung zu vermeiden: erlstimmte 
ohne weiteres ein. 
Einige Schwierigkeit hatte es mit den Vorstehern der Bürger- 
schaft, ohne welche der Rath nichts festsetzen konnte; doch wußte man 
auch diese zu gewinnen, indem man sie paarweise in die Nathsstube 
berief. 
Erst als die Sache an den Ausschuß der Bürgerschaft, Zunft 
und Zechen, und an die Bürgerschaft selber kam, begann der Wider= 
stand 1). Noch einmal erhob sich hier jener Geist der städtischen Ge- 
meinen, der sich schon seit dem vierzehnten Jahrhundert den Eingriffen 
der geistlichen Macht nachdrücklich widersetzt, und in dem sechszehnten 
der großen Bewegung der Reformation Bahn gemacht hat. Die 
Bürger wollten von der Aufnahme einer königlichen Besatzung nichts 
hören, deren Anwesenheit sie ihrer kirchlichen und politischen Freiheit 
auf einmal berauben könne: sie seien, sagten sie, nicht gesonnen, sich 
dem Uebermuth der Feldtruppen, von denen sie bisher blos gehört, 
nun auch selber auszusetzen; überdies welch ein hoffnungsloser Ge- 
danke, eine preußische Belagerung aushalten zu wollen: Breslau sei 
nur ein verwahrter Handelsplatz und keineswegs eine Festung. Be- 
sonders führte ein Schuhmacher des Namens Döblin das große Wort, 
ein geistlich angeregter Mann, dem aber übrigens der Lärm des 
Marktes oder ein munteres Gelag besser behagten, als der Fleiß der 
Werkstatt ). Man möchte ihn mit dem Küfer vergleichen, der einst die 
Bürgerschaft von Lissabon für König Johann „guten Gedächtnisses“ 
die Waffen zu ergreifen entschieden hat, oder mit jenem Graukopf, 
ebenfalls einem Schuhmacher, der, als Carl XII bei Steinau die 
Oder überschritt, die Zügel seines Pferdes ergriff und sie nicht los- 
ließ, bis der König ihm das Wort gab, den Glauben in Schlesien 
nicht ferner unterdrücken zu lassen. Die meiste Wirkung brachte 
Döblin, wie sich denken läßt, auf die jungen Bürger hervor. Die 
muthigsten von ihnen begaben sich auf das Rathhaus, „straußten 
1) Kundmann, Heimsuchungen Gottes 415. 
2) Breslau vor humert Jahren, von Kahlert; — 1810. Einige Aus- 
züge aus dem Steinbergerschen Tagebuch, dessen Original Herr Prof. Kahlert, 
Nachkomme des Verfassers, mir freundlich mitgetheilt hat, so daß ich es weiter 
benupen konnte.
	        
Waiting...

Note to user

Dear user,

In response to current developments in the web technology used by the Goobi viewer, the software no longer supports your browser.

Please use one of the following browsers to display this page correctly.

Thank you.