Juneres und äußeres Berhältniß des Wiener Hofes. 373
Rücksicht nahm. Wenn es früher einmal schien, als könne Barten-
stein dieser Macht Dienste erweisen, so hatte sich das Gegentheil längst
gezeigt; schon durch die Heftigkeit der Hofdecrete in der Herstallschen
Sache, die eben dem einseitigen Eifer des Staatssecretärs Schuld
gegeben wurde. Für die folgenden Eröffnungen Preußens fehlte
es Sinzendorf und seinen Freunden vielleicht nicht an allem Sinn,
insofern sie eine Herstellung der großen Allianz immer im Auge be-
hielten, und einige eingehende Worte ließen sie verlauten; aber die-
jenigen, die nun einmal ihr Vertrauen auf Frankreich setzten, konnten
darauf nicht hören. Die Idee, von welcher Friedrich ausging, daß
die Franzosen ihre alten Pläne gegen Oesterreich erneuern und es zu
verderben suchen würden, war eben das Gegentheil von dem, wovon
sie sich überzeugt hielten. Durch jede Annäherung an eine andere
Macht fürchteten sie sich Frankreich zu entfremden und eine Gefahr
eher hervorzurufen, als zu beseitigen.
Wie ein Blitzstrahl aus heiterer Luft traf sie die Nachricht von
den Vorbereitungen des Königs von Preußen zu einem Einfall in
Schlesien.
Die ersten Anzeigen von diesem Vorhaben empfing man in Wien
am 5. December, doch konnte man sich nicht entschließen, ihnen
Glauben beizumessen. Am 9. langte ein Offizier an, der von den
Bewegungen der preußischen Regimenter gegen Schlesien Meldung
machte. Am 12. ließen die einlaufenden Nachrichten keinen Zweifel
mehr übrig; man bekam die Liste der beorderten Regimenter, erfuhr
die Namen der zum Nachtlager des Königs bestimmten Ortschaften.
Hierauf ward Conferenz auf Conferenz gehalten. Die Einen
waren der Ansicht, Friedrich werde sich gewiß nur eine Aenderung
des zuletzt in der bergischen Sache angenommenen Systems erzwingen
wollen; die Anderen: ein neuer Carl XII steige in ihm auf, und
man habe Alles von ihm zu besorgen. Die herrschende Ueberzeugung
war, daß man ihn leicht bestehen werde. Es sei möglich, daß er
zunächst im Felde die Oberhand behalte: aber die festen Plätze werde
man schon behaupten, und ihn dann mit ein paar Husarenregimentern
wieder verjagen; überdies aber, die Königin habe Freunde, die sich
ihrer annehmen würden; unmöglich könne das Reich den Einfall eines
Kurfürsten in das Gebiet eines anderen Kurfürstenthums während
eines Interregnums ungeahndet lassen. Man gab die Meinung kund,
der Angriff des Königs werde auf seinen Kopf zurückfallen.
Indem der König zu den Waffen griff, hat er auch Unterhand-
lungen eröffnet. Am 9. December beschied er Botta in das Schloß