Full text: Leopold von Ranke's sämmtliche Werke. 27. und 28. Band. Zwölf Bücher Preußischer Geschichte. Fünftes bis neuntes Buch. (27)

388 Achtes Buch. Zweites Capitel. 
andern Gesichtspunkt stellte ihm Podewils vor, welche widrige Wir- 
kungen er von einem Abschluß dieser Allianz erwarten müsse. Ohne 
Zweifel werde er Rußland und die Seemächte gegen sich in die 
Waffen bringen, und dürfe er wohl auf Frankreich vertrauen? Wie 
unzuverlässig habe sich dies in der letzten polnischen Verwickelung ge- 
zeigt! Aber gesetzt auch, Frankreich hielte fest, so werde der König 
durch dessen Hülfe noch nicht in den Stand gesetzt, es mit der ver- 
einten Macht von Oesterreich, Rußland, England-Hannover, Däne- 
mark, Holland aufzunehmen. Zu einem solchen Versuch dürften seine 
Soldaten und seine Geldmittel nicht hinreichen; ein geringer Unfall 
könne Brandenburg zur Beute seiner Feinde machen. 
Der Rath, den Podewils auf diese Betrachtungen gründete, war 
nun ein zwiefacher. Rußland und die Seemächte sollten womöglich 
bewogen werden, den Wiener Hof durch ihre Vermittelung zur Nach- 
giebigkeit zu stimmen. Dazu gehörte aber, daß man nicht zu viel ver- 
langte. Podewils rieth, nur etwa die vier Herzogthümer Glogau, 
Wohlau, Liegnitz und Jauer zu fordern, und selbst auf das letzte 
nicht entschieden zu bestehen. Er führte das Beispiel des großen 
Kurfürsten an, der, wie König Friedrich Wilhelm so oft erinnert, 
die Hälfte von Vorpominern hätte haben können, wenn er sich damit 
begnügt hätte, aber weil er dies nicht wollte, das ganze verloren 
habe. Erwerbe der König auch nichts als jene drei Herzogthümer, 
so werde ihm sein Haus dafür unendlich verpflichtet sein müssen: 
andere Aussichten für eine nahe Zukunft eröffne ihm dann sein ber- 
gisches Anrecht. 
Bemerkungen, deren einleuchtender Kraft Friedrich II unbedenklich 
Raum gab. Er erklärte, eine Allianz mit Frankreich scheine auch 
ihm das schlechtere Mittel, das man nur ergreifen müsse, wenn kein 
anderes mehr übrig sei, und wiederholte, daß er mit nichten auf die 
Forderung von ganz Schlesien zu bestehen gedenke. Im Vertrauen 
wolle er sagen, er werde sich mit Niederschlesien begnügen, und im 
schlimmsten Falle selbst mit noch etwas weniger. „Können wir 
Breslau erwerben, so wird es mich höchlich zufrieden stellen; ich wäre 
bereit, dafür eine Geldzahlung zu übernehmen; wäre es aber un- 
möglich, so müßte man eine Auskunft suchen, durch welche die Stadt 
gegen die Wuth der Katholischen geschützt würde.“ Der Gedanke 
ging ihm durch den Kopf, daß Breslau alsdann zu einer freien 
Stadt erklärt werden könnte. Nur forderte er Podewils auf, mit 
der größten Vorsicht zu Werke zu gehen, auch dies sein Ultimatum 
nicht ohne die äußerste Noth bekannt werden zu lassen.
	        
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