392 Achtes Buch. Drittes Capitel.
Daß man Glogau unerobert im Rücken läßt, erregt ihm Bedenken;
wenn die Oesterreicher noch den Krieg verstünden, so würden sie durch
das offene Polen dem Belagerungsheer in die Flanken fallen und
es auseinanderjagen; aber eine viel dringendere Gefahr, gegen die
man nichts gethan, scheint ihm von der böhmischen Seite her zu
drohen. Da er von den Angriffen der leichten österreichischen Reiterei
Unfälle der preußischen fürchtet, welche dem Ruhme der Armee nach-
theilig sein möchten, so arbeitet er eine Instruction aus, wie den
Husaren zu begegnen sei. Der König wollte fremde Ingenieurs, etwa
aus den Niederlanden, kommen lassen; Fürst Leopold weist ihm Offi=
ziere der eigenen Armee nach, welche die nöthige Geschicklichkeit be-
sitzen. Durch Briefe oder Gespräche übte er, auch abwesend, Einfluß
auf den Krieg aus. Vornehmlich erklärte er sich gegen die weitläufige
Aufstellung Schwerins, dessen Thun und Lassen er überhaupt mit
den scharfen Augen eines zurückgesetzten Nebenbuhlers beobachtete; in
jedem seiner Briefe ermahnt er den König zur Sammlung seiner
Kräfte.
Aber auch an sich waltet zwischen den beiden Feldmarschällen
des Königs Friedrich ein merkwürdiger Gegensatz ob: der alte Fürst
— man wußte nicht, was er eigentlich glaubte — alle äußere Bil-
dung verschmähend, durchaus Militär von Fach, sparsam in seinem
Haushalt, nie seinen Vortheil vergessend: — der Graf Schwerin ein
Mann von allgemeiner Bildung, Geist und Gemüthlichkeit; eines
heitern und selbst sinnsichen Lebensgenusses bedürftig und gewohnt:
immer von häuslichen Unordnungen und Schulden bedrängt; aber
dabei von positiv religiöser Ueberzeugung, aus dem Grunde seiner
Seele der vollkommensten Selbstvergessenheit, des freiesten moralischen
Schwunges fähig. Wir lernen sie noch aus ihren Briefen kennen.
Die Briefe Leopolds, kaum leserlich geschrieben, bieten doch die
gründlichsten Erwägungen dar. Auch Schwerin schreibt nicht immer
correct, aber immer mit Geschick, voll von seinem Gegenstand, an-
dringend, selbst beredt. Jener faßt die Dinge nach den verschiedenen
praktischen Möglichkeiten auf, die sie eröffnen, dieser nach dem all-
gemeinen Eindruck, den sie machen, zuweilen mit Ungeduld und Be-
sorgniß, öfter mit allzu lebhafter Hoffnung.
Der König hatte etwas von dem einen und dem andern.
Zwischen ihnen — und nicht unzuträglich war ihm ihre entgegen-
gesetzte Einwirkung — sollte sein eigenes Selbst emporstreben und
reifen.
Als Friedrich im letzten Drittheil des Februar wieder in Schlesien