Full text: Leopold von Ranke's sämmtliche Werke. 27. und 28. Band. Zwölf Bücher Preußischer Geschichte. Fünftes bis neuntes Buch. (27)

Schlesischer Feldzug im Frühjahr 1741. 395 
Pässen des Gebirges gegenüber, zusammen, um jedem Einbruch be- 
gegnen zu können: als das einzige Mittel aber, sich einigermaßen 
sicher zu stellen, sah er jetzt die Eroberung von# Glogau selber an. 
Er hatte bisher aus zwei Gründen nicht so sehr darauf ge- 
drungen, einmal, um das Verderben der Stadt nicht herbeizuführen, 
die er schon als die seine betrachtete, sodann, um nicht zu viel von 
seinen Truppen aufzuopfern: noch im Januar verbat er sich „hazar- 
deuse Entreprisen“; jetzt aber war nicht mehr zu zögern; gegen Ende 
Februar, Anfang März forderte er den Erbprinzen von Dessau Tag 
für Tag auf das dringendste auf, mit Glogau ein Ende zu machen. 
Der Prinz zögerte, weil er auf den Rath seines Vaters eine aus- 
drückliche Ermächtigung zu haben wünschte, zum Sturm zu schreiten. 
Endlich am 7. März des Abends brachte ihm Oberst Golz) eine 
solche von des Königs Hand; schon war Alles so gut bis ins einzelnste 
vorbereitet, daß, sowie es wieder Abend wurde, zu dieser Unter- 
nehmung geschritten werden konnte. 
Am 8. März Abends nach dem Zapfenstreich verließen die dazu 
bestimmten Regimenter Markgraf Carl und Prinz Leopold, mit 
18 Grenadiercompagnien, die Dörfer, wo sie cantonnirten; sie hatten 
ihr Gepäck den Wirthen übergeben, und führten nichts bei sich, als 
ein jeder sein Gewehr und 36 scharfe Patronen. 
Ungefähr einen Flintenschuß vor der Festung stellten sie sich an 
den lange vorher hiezu ausersehenen Oertlichkeiten auf, hinter alten 
Gemäuern, oder wo sie sonst nicht bemerkt werden konnten, in tiefster 
Stille, deren Unterbrechung auf das stärkste verpönt war. Als es 
in der Stadt 12 Uhr schlug, trafen sie sämmtlich auf dem Glacis 
zusammen. 
Sie rissen die Palissaden und spanischen Reiter weg, eröffneten- 
die Umpfählungen, und kletterten den Wall, von dem Glatteis, mit 
dem er bedeckt war, nur wenig gehindert, hinan, bevor die ersten 
Schüsse gegen sie geschahen, die nun weit über sie hinweg gingen. 
Wie geriethen die Oesterreicher so ganz außer Fassung, als sie den 
bisher fernen und ruhigen Feind auf ihrem Wall erblickten und ihre 
Kanonen nehmen sahen. Vier Glasenappsche Grenadiere stießen auf 
1) Von dem stammt denn auch eine der ersten und besten Relationen. 
Journal de Berlin Nr. 38. Die Disposition des Prinzen mit einigen Briefen 
in den Annalen des Krieges 1806 III, 25, und jetzt im Nachlaß von Beren- 
horst I. 33. Ueber den Zustand der Festung schweige ich lieber. Es begreift 
sich, daß die Oesterreicher ihn elender, die Preußen besser darstellten, als er 
vielleicht war.
	        
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