402 Achtes Buch. Drittes Capitel.
Es scheint sehr, als habe Neipperg den Vorzug seiner Stellung,
die Gefahr, in die er den König gebracht hatte, nicht in ihrem ganzen
Umfange ermessen. Noch am 8. klagt er ½, daß er nicht wisse, wo
dieser oder sein Feldmarschall sich befinde; auch am 9. erhielt er von
seinen herumstreifenden Husaren keine Kunde.
Dagegen hatte der König jetzt den Vortheil, daß er über die
Stellung seiner Feinde, wenn nicht schon am 9., wo er Rasttag hielt,
doch auf das genaueste am 10., als er von Pogarell, auf der Land-
straße nach Ohlau hin aufbrach, sei es zufällig ), oder auch aus
Absicht und Vorliebe, — wenigstens hat er später einmal einen
Bauern belohnt, der ihm gute Dienste geleistet habe, — unterrichtet
ward. Er übersah die ganze Gefahr, in der er sich befand; die
Schlacht, die er gewünscht hatte, ward ihm jetzt angeboten, aber nicht
in den mährischen Gebirgen, wo er auch besiegt nicht viel verlieren
konnte, sondern mitten in Schlesien, wo seine ganze Eroberung auf
dem Spiele stand. Er konnte nicht zweifeln, ob er sie annehmen
solle. Wenn jemals, so war jetzt eine Feldschlacht nothwendig; jedes
Zögern oder Zurückweichen wäre verderblich geworden. Ein Zusammen=
treffen erwartend und wünschend, bewegte er sich in vier Heersäulen
vorwärts, in deren Mitte das Geschütz auf dem hohen Wege einher-
fuhr; der Boden war mit Schnee bedeckt, aber der Himmel heiter
und klar geworden. Als er in die Gegend von Pampitz kam, und
der Nähe des Feindes vollkommen sicher wurde, befahl er den Trup-
pen, sich zur Schlacht zu formiren.
Neipperg wurde von dem Anrücken der Preußen durch wieder-
holte Zeichen von den Thürmen von Brieg und gleich darauf schon
durch ihren Anblick unterrichtet. Sie hätten ihn in seinen Dörfern
überfallen, und in der Unordnung, worin er sich befand, zu Grunde
richten können.
Aber der Beschluß und Tagesbefehl war nun einmal, sich me-
thodisch zu einer Bataille im offenen Felde aufzustellen. Die vier
1) Auszug aus einem Schreiben Neippergs, Grotkau 8. April: Le feld-
maréchal ajoute que jusqu'au moment de sa dépeche il M'avoit aucun
avis on se trouvoit son feldmaréchal Schwerin ni ce qu’stoit devenu le
gl Schulenbourg avec les régiments qui a'étoient retiré de Troppau,
Ratibor etc. Wahrscheinlich bewog ihn dies, einen Rasttag zu nehmen.
2) Wahrhafftige Beschreibung der Zeit, an welcher ganz Niederschlesien
vom erzherzoglichen Hause Oesterreich ab, und zu dem churdrandenburgischen
hat geschworen etc. aus der Hausbibel des Gemeinschreibers zu Mollwitz, in
Fuchs Jubelschrift der Schlacht bei Mollwitz 1841.