Full text: Leopold von Ranke's sämmtliche Werke. 27. und 28. Band. Zwölf Bücher Preußischer Geschichte. Fünftes bis neuntes Buch. (27)

406 Achtes Buch. Drittes Capitel. 
Pelotons getheilt, welche vier Mann hoch standen; die beiden ersten 
Glieder lagen auf den Knieen; man hatte sie gewöhnt, in dieser 
Stellung mit Raschheit und Sicherheit zu laden und zu schießen; 
hinter ihnen feuerten die beiden andern, die Mündung des Gewehrs 
ein wenig gesenkt und wohl auf den Feind gehalten; die Offiziere 
commandirten wie auf dem Exercierplatz, in denselben Ausdrücken, 
mit derselben Geberde, der nämlichen Ruhe: so gehorchten die Mann- 
schaften, ungeirrt vom Feinde: sie brachten eine Wirkung hervor, wie 
sie im Kriege noch niemals gesehen worden; die österreichischen Regi- 
menter, die sich aus keinem früheren Feldzuge eines ähnlichen Feuerns. 
erinnerten, waren bald nicht mehr dagegen heranzubringen und zogen 
sich, um minder ausgesetzt zu sein, in tiefe Colonnen zusammen: ihre 
Fahnen drängten sich wie in einen Knäuel. 
Es war der Triumph der von dem alten Dessauer mit so be- 
harrlicher Anstrengung durchgeführten Uebungen; sein ihm in Sinnes- 
weise und militärischer Tüchtigkeit verwandter Sohn commandirte das. 
zweite Treffen mit Geistesgegenwart und Nachdruck; vor diesen Neu- 
lingen konnten die alten Regimenter, zumal da sie nur mangelhaft 
zusammengesetzt waren, nicht bestehen. 
Doch war es noch nicht genug, daß man sich nur vertheidigte- 
und den Feind zurückwies. Zu einer letzten Entscheidung war der 
Kriegseifer und Siegesdurst Schwerins nicht minder nothwendig, als 
die anhaltische Standhaftigkeit. In dem Gefühle, daß er an der 
schlechten Wendung, die der Feldzug bisher genommen, eine nicht ge- 
ringe Schuld trage, entschlossen, wenn Alles fehlschlagen sollte, den 
Tod zu suchen wie Schulenburg, zog jetzt Schwerin auch die Linke 
heran ½), die bisher fast nur für sich gefochten, und nahm die ge- 
sammten Kräfte der Armee zum Angriff zusammen. Noch einmal 
sahen die Oesterreicher diese ganze Front sich bewegen, die Bataillone 
dicht aneinander geschlossen, jedes in sich selber ohne Lücke, mit der- 
selben Frische wie in der ersten Stunde, noch einmal erhob sich das 
Rollen ihres Feuers, — nach einem österreichischen Bericht —, wie 
ein stetiges Donnerwetter, furchtbar funkelten die Bajonnete in den 
Strahlen der untergehenden Sonne. Bei diesem Anblick war die 
österreichische Infanterie auch in ihren tiefen Colonnen nicht mehr 
zurückzuhalten: an ein neues Heranführen der Reiterei, die ebenfalls 
1) Ueber die Fehler, die bei dem Aufmarsch auf dem linken Flügel vor- 
gingen, vergleiche man den Aussatz im Militärwechenblatt 1825, S. 3255, 
3262.
	        
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