408 Achtes Buch. Drittes Copitel.
er dem König gerathen, und wirklich langte dieser noch vor Mitter-
nacht mit einem kleinen Gefolge an den Thoren der Stadt an.
Während der Zeit aber war dieselbe von einer Schwadron Baranyai
überrascht und besetzt worden. Als einige Preußen erschienen und
Einlaß forderten, überlegten die wachthabenden Husaren, während die
Schlüssel herbeigeholt wurden, ob sie die Bitte gewähren, oder nicht
lieber gufsitzen und sich der willkommenen Beute, ein jeder für
sich, bemächtigen sollten. Zum Glück des Königs zogen sie das
letztere vor, brachen aus, und begrüßten die Heranreitenden mit ein
paar Schüssen. Adieu, meine Freunde, rief Friedrich, ich bin besser
zu Pferde als ihr alle, und sprengte davon. Aber einige von den
Offizieren, die ihn begleiteten, einer seiner Räthe, auch Maupertuis,
der ihm gefolgt war, auf ihren müden Rossen wurden gefangen.
Als der König gegen Morgen wieder nach Löwen kam, ließ er erst
nachsehen, ob nicht vielleicht ein Husarentrupp auch hier eingedrungen
sei. Er fand nicht allein den Ort rein von Feinden, sondern be-
gegnete hier einem Adjutanten des Prinzen von Dessau, der ihm von
dem erfochtenen Siege Meldung machte. Das Vergnügen darüber
ward nun freilich von dem persönlichen Verdruß getrübt, in den
Stunden der Entscheidung nicht dabei gewesen zu sein:; Friedrich
sprach davon nicht weiter und so vermied denn auch seine Umgebung,
davon zu sprechen 1); er eilte, eine unerhörte körperliche Anstrengung
fortsetzend, nach Ohlau fort, um des Sieges froh zu werden und
ihn zu befestigen. Das österreichische Heer hatte nicht eigentlich eine
Niederlage erlitten: es hatte sich nur unfähig gezeigt, die Preußen
zu schlagen, und das Schlachtfeld verloren. Aber schon darin lag
eine große Entscheidung. Wie die Gemeinen es fühlten, die den
Tag zuvor sich gerühmt, den naseweisen Schneekönig und seine Putz-
soldaten zurückzujagen, aus ihrer Haut Riemen zu schneiden; und die
nun sich vollkommen überwunden sahen. Den evangelischen Wirthen,
in deren Quartier sie lagen, sagten sie wohl, euer Abgottt hat ge-
siegt. Neipperg war genöthigt, sich gegen Neiße zurückzuziehen, an
1) Deswegen sich die Sage des Ereignisses bemächtigte. Ich schöpfte
aus einem Schreiben Robinsons (22. April), das aus einem Berichte von
Baranyai und der frischen Erzählung von Maupertuis gezogen war. Mit
der Erzählung Nicolai's, dessen Schwiegervater an dem Ritt Antheil gehabt,
stimmt er im Ganzen überein, sowie mit Seegebart. Man berechnete in
Wien, der König habe dann hin und her reitend 12 deutsche Meilen ge-
macht. In einem Schreiben Friedrichs, 11. April, findet sich die Nachschrift:
„in zwei Tagen habe weder gegessen noch getrunken noch geschlafen.“