Full text: Leopold von Ranke's sämmtliche Werke. 27. und 28. Band. Zwölf Bücher Preußischer Geschichte. Fünftes bis neuntes Buch. (27)

Haltung der Seemächte. 411 
Widerstand zu leisten, konnte man ebenso wenig reden. War es 
doch ruhig geblieben, als die Bourbonen sich Neapels und Siciliens 
bemächtigten, die doch auch zu dem damals schon garantirten Länder- 
complex gehörten. Bei dem König Georg II kamen noch Rücksichten 
auf die deutschen Territorialverhältnisse hinzu; nach einigem Zögern 
erklärte er sich auf die preußischen Eröffnungen ziemlich eingehend:; 
„obgleich ihm die Forderung von Preußen viel zu groß vorkomme, 
so wolle er doch seine guten Dienste in Wien anwenden, um dem- 
selben Genugthuung zu verschaffen“). Der preußische Gesandte giebt 
seinem Herrn am 28. Februar 1741 die besten Zusicherungen. 
Wie sehr aber täuschte sich dieser, wenn er annahm, daß die 
vorwaltende Richtung der Politik von England dem Unternehmen 
Friedrichs günstig sei. Davon zwar, was die Streitschriften des Tages 
mit so vielem Geräusch behaupten, daß auf der einen Seite das 
Recht verletzt, auf der andern als solches um seiner selbst willen ver- 
theidigt worden sei, kann man wohl, ohne unwahr zu werden, nicht 
reden; die Sache ist: daß die englische Nation durch die größten eigenen 
Interessen auf die Seite von Oesterreich getrieben ward. Die alte 
Ueberzeugung, daß sie eines Verbündeten auf dem Continente be- 
dürfe, erhob sich im Angesicht eines bevorstehenden Krieges gegen 
Frankreich mit doppelter Stärke, und um keinen Preis wollte man 
zulassen, daß Oesterreich etwa gar, was noch möglich schien, mit 
Frankreich gemeinschaftliche Sache mache. Wie Rußland gegen die 
Osmanen, so glaubte England gegen die Franzosen, besonders in 
jenem Augemblicke, eines mächtigen und verbündeten Oesterreichs nicht 
entbehren zu können. 
Daher kam es, daß sich das Parlament noch vor der preußischen 
Unternehmung mit großer Entschiedenheit für die Aufrechthaltung der 
pragmatischen Sanction erklärte. 
In denselben Tagen des Februar, in welchen der preußische 
Gesandte Versicherungen erhielt, die ihm genügend schienen, gingen 
dem Wiener Hofe viel bestimmtere Erklärungen zu, worin England. 
anerkannte, daß es Pflichten gegen Oesterreich habe, die es gewissen- 
haft zu erfüllen gedenke; wenn sich der König von Preußen nicht in 
1) Georg II versprach durch Herrn von Steinberg, zu Erhaltung eines 
gltlichen Vergleiches wegen des Anspruches an die in Schlesien gelegenen 
Fürstenthümer die besten Oftäcia zu leisten, jedoch dergestalt,. daß das Haus 
Oesterreich nach geschehener Befriedigung Sr Kön Wt in Preußen und allen- 
salls mit Vorbehalt einer mößigen Convenienz für Chursachsen bei dem Besitz 
seiner übrigen Lande zu erhalten geholfen werde.
	        
Waiting...

Note to user

Dear user,

In response to current developments in the web technology used by the Goobi viewer, the software no longer supports your browser.

Please use one of the following browsers to display this page correctly.

Thank you.