Full text: Leopold von Ranke's sämmtliche Werke. 27. und 28. Band. Zwölf Bücher Preußischer Geschichte. Fünftes bis neuntes Buch. (27)

412 Achtes Buch. Viertes Copitel. 
Güte bewegen lasse Schlesien zu räumen. so werde man sich in Kriegs- 
bereitschaft setzen, um ihn im Vereine mit der Königin dazu zu 
nöthigen. 
In der Zeit, in welcher sich in Schlesien die größte Gefahr über 
dem Haupte Friedrichs sammelte, am 8. April, schon gegen Ende 
der Session, erschien Georg II persönlich im Parlament, um seine 
Bereitwilligkeit, die Hülfe zu leisten, welche Oesterreich fordere, recht 
feierlich auszudrücken: dazu nahm er aber, weil unfehlbar ein blu- 
tiger Krieg ausbrechen werde, die Hülfe seiner Unterthanen in be- 
sonderen Anspruch. Er fand Oberhaus und Gemeinen hiemit in voll- 
kommener Uebereinstimmung. Niemals ist von der Nothwendigkeit, 
das Haus Oesterreich aufrecht zu erhalten, mit größerem Enthusias- 
mus gesprochen worden. Denn da Frankreich der Welt die allgemeine 
Knechtschaft bereite, so sei es gleichsam eine Sache des menschlichen 
Geschlechtes, eine Macht zu unterstützen, welche demselben das Gleich- 
gewicht halten könne: die künftigen Generationen würden es der 
lebenden nicht verzeihen können, wenn diese sich hierin lässig erwiese. 
Es war gleichsam ein Wetteifer zwischen der Opposition und der 
ministeriellen Partei. Man bewilligte nicht allein dem König die 
Besoldung der stipulirten Hülfstruppen, sondern auch der Königin 
von Ungarn eine Subsidie von 300,000 Pfd. Die Führer der Op- 
position stellten dem österreichischen Gesandten die Stimmung noch 
günstiger vor, als fie war, und ließen für die Zukunft größere Unter- 
stützung hoffen. 
In der Debatte ward nun auch ein und das andere Mal der 
preußischen Rechte und Ansichten gedacht; Einige meinten, man müsse 
König Friedrich erst widerlegen, ehe man ihn angreife. Aber die 
Meisten verdammten sein Unternehmen, weil es nur dazu dienen 
könne, der französischen Uebermacht den Weg zu bahnen. Von den 
gemeinschaftlichen protestantischen Interessen, deren sie sonst so gern 
gedachten, schwiegen sie diesmal. Die Antipathie gegen Frankreich 
überwog jede Rücksicht der Verwandtschaft des Blutes oder der 
Religion. 
Eine ähnliche Stimmung der Gemüther behielt auch in den ver- 
einigten Niederlanden die Oberhand. 
Schon lange trug man sich da mit dem dunklen Gerücht, als 
denke Frankreich seine Allianz mit Oesterreich zu einer Erweiterung 
seiner Grenzen nach den Niederlanden hin zu benutzen; für das beste 
Mittel, den Wiener Hof von einem Zugeständniß dieser Art abzu- 
halten, hielt man eine Unterstützung desselben von Seiten der See-
	        
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