Unterhandlungen mit Frankreich. 419
Außer dieser Gunst des Königs, der ihn erst im General-
directorium arbeiten ließ, und ihm kleine Missionen anvertraute, kam
ihm aber noch zu Statten, daß er mit Grumbkow in enge Verbin-
dung trat — er verheirathete sich mit einer von dessen Töchtern —
und von diesem bei der Bearbeitung der geheimen Angelegenheiten
jener Zeit herangezogen ward ½).
Hiedurch erlangte Podewils eine Stellung in dem Mittelpunkt
der Geschäfte, welche es ihm erleichterte, auch alle anderen zu ver-
stehen.
Als ihn Friedrich Wilhelm in jenen Stürmen des Jahres 1730
in das Cabinetsministerium setzte, statt Knyphausens, welcher allzu
Lut hannoverisch gesinnt schien, zeigte er sich diesem Posten vollkom-
kommen gewachsen, und arbeitete seitdem, zur Seite seines Fürsten,
den Gedanken einer selbständigen Politik durchzuführen. -
Sein Handwerk, wenn wir so sagen dürfen, verstand er voll-
kommen. Wenn er der Unterhaltung mit einem überlästigen Frager
nicht mehr ausweichen kann, hält er doch Stunden lang aus, ohne
sich sein Geheimniß abgewinnen zu lassen, das von den Fragen un-
aufhörlich berührt wird. Seine Anweisungen sind bis in das kleinste
Detail ausgearbeitet, scharfsinnig, eindringend, oft im Ausdruck glück-
lich. Er gehört zu den echten preußischen Staatsmännern, in denen
sich unbescholtener Wandel, unermüdliche Arbeitsamkeit mit einer Hin-
gebung ohne Rückhalt vereinigen. Eigentlich findet hier selbst kein
persönlicher Ehrgeiz statt, den ausgenommen, der im Dienste befrie-
digt wird. Podewils wußte, wie schon berührt, daß der Fürst, dem
er diene, die Summe der Geschäfte selbst verwalte: er hatte nichts
dagegen einzuwenden, wenn sie nur gut gingen. Dazu suchte er nun
mit seinem Rath nach besten Kräften beizutragen. Er hielt die großen
Gesichtspunkte fest, in Bezug sowohl auf das Verhältniß der euro-
päischen Staaten überhaupt, als die Stellung Preußens in ihrer
Mitte. Worauf man im englischen Parlament so viel Gewicht legte,
daß Frankreich durch den Umsturz von Oesterreich zu einem für ganz
Europa verderblichen Uebergewicht gelangen werde, das war im Ca-
binet des Königs von Preußen mit Nichten, wie man dort argwöhnte,
vergessen: Podewils hebt es unaufhörlich als den großen Gesichts-
punkt hervor. Wie dann, wenn sich Frankreich der deutschen Länder
bis an den Rhein vollends bemächtige? Werde es dann nicht alle
1) Mémoires sur les Principales circonstances de ma vie, von Pode-
wils Hand; von Frau Gräsin v. Voß mir mitgetheilt.
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